der antirassistische newsletter für
dessau und umgebung

<home><16.02.2004>

Querbeet:

"Knüppel aus dem Sack"

Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland wird in der Öffentlichkeit vor allem in Form rassistisch motivierter Übergriffe und Anschläge wahrgenommen. Rassismus, ob latent oder gewaltförmig, braucht Feindbilder.

Die neue Broschüre von IDA-NRW geht den Fragen nach, wie Feindbilder entstehen, welche Funktionsweise sie haben, worin sie sich zeigen und wie "Andere Deutsche" mit Rassismuserfahrungen umgehen. Im Teil Analysen zur Konstruktion von Feindbildern wird die Funktionsweise von Feindbildern einleitend aus
psychologischer, gesellschaftlicher und sprachanalytischer Sicht behandelt.
Das Kapitel Feindbilder im Rechtsextremismus und in der "Mitte" der Gesellschaft macht die Bedeutung und Wirkung von Feindbildern anhand verschiedener Beispiele deutlich. Im dritten Teil werden subjektive Perspektiven beschrieben, sowohl bezüglich der Entwicklung von Feindbildern als auch bezüglich der Umgangsweise derer, die von Rassismus negativ betroffen sind. Unter dem Titel "Anregungen zum Abbau von Feindbildern" wird der Frage nachgegangen, wie
Feindbilder bearbeitet werden können. Im Anhang finden sich zahlreiche Literaturhinweise, ausgewählte Websites zum Thema und Adressen von Antidiskriminierungs- bzw. Beratungsstellen in NRW. Die Broschüre, "Knüppel aus dem Sack" - Zur Bedeutung und Wirkungsweise von Feindbildern, Materialien zum Rechtsextremismus, Band 6, kann für 5,- € bei IDA-NRW bestellt werden.

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Kontakt/Infos/Bestellungen:
IDA-NRW
Anne Broden
Volmerswerther Str. 20
40221 Düsseldorf
Tel.: 02 11 / 15 92 55-5
Fax: 02 11 / 15 92 55-69
Info@IDA-NRW.de


Rechtsextremismus und Antisemitismus

Am 12. November 2003 lud das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA) in Hannover zu einem Vortrag von Herrn Prof.Dr. Wolfgang Benz vom Zentrum für Antisemitismusforschung aus Berlin ein.

Er sprach zur aktuellen Dimension von Rechtsextremismus und Antisemitismus und betonte, dass die Verantwortung für die Entwicklung und den Umgang damit
weniger bei den Jugendlichen als maßgeblich bei den Erwachsenen liege. Insbesondere die Art der Präsentation von Gewalttaten in den Medien sei für die Stimmung unter Jugendlichen verantwortlich. Bezugnehmend auf eine Analyse von Zuschriften an den Zentralrat der Juden in Deutschland und an die Israelische Botschaft nannte Herr Prof. Dr. Benz u. a. folgende Motive für den aktuellen Antisemitismus: gekränkter Nationalstolz, Schuldabwehr, Sozialneid, kleinbürgerliche Überfremdungsangst. Die VerfasserInnen solcher Zuschriften nähmen oftmals für sich in Anspruch, stellvertretend für die öffentliche Meinung zu sprechen. Dem Vortrag folgte eine angeregte Diskussion. Im Anschluss daran fand die 14. ordentliche Delegiertenversammlung des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e.V. (IDA) statt.
Die Deutsche Jugend aus Russland (DJR) und die DIDF-Jugend wurden als neue Mitglieder aufgenommen. Durch die Aufnahme der beiden MigrantInnen Jugendverbände gelang es IDA, einen weiteren Schritt hin zu einer vereinsinternen interkulturellen Öffnung zu vollziehen. Die Delegierten beschlossen einstimmig eine Satzungsänderung.
Die verbandliche Proporzregelung bei Verteilung der Vorstandssitze im geschäftsführenden Vorstand wurde zugunsten einer individuellen Wählbarkeit von Verbänden aufgehoben. Damit sind Verbände jugendlicher MigrantInnen, die keinem bundesweiten Ring angehören, den anderen Verbänden künftig gleichgestellt.

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V.i.S.d.P.:
Dr. Stephan Bundschuh
IDA e.V.
Volmerswerther Str. 20
40221 Düsseldorf
Tel.: 02 11 / 15 92 55-5
Fax: 02 11 / 15 92 55-69
E-mail: info@IDAeV.de


Mit Musik und Spielen werden Jugendliche auf rechtsextreme Internetseiten gelockt

Neonazis im Netz: Immer professioneller. Die rechte Szene im Internet schottet sich zunehmend ab. Fast 1000 deutschsprachige Websites gelten als rechtsextrem und stehen unter Beobachtung, davon etwa 140 in NRW.

Das sind zwar deutlich weniger als noch 2001, dafür ist der Umgang mit der Technik professioneller geworden, Musik und Spiele sollen auf die Seiten locken. "Die rechtsextreme Szene arbeitet sehr aktiv mit dem Netz", sagte ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes NRW, der nicht namentlich genannt werden will. Das Web eignet sich hervorragend, um junge Menschen anzusprechen, für die Kommunikation untereinander und für die Mobilisierung. Dabei nutzen die Gruppen zunehmend SMS-Dienste oder Chats, die schwerer zu überwachen sind.
Überhaupt schottet die Szene ihre interne Kommunikation immer mehr ab: Immer öfter sind Teile der Seiten von Kameradschaften, sogenannten "freien Widerstandsgruppen" oder anderen neonazistischen Gruppierungen nicht mehr frei zugänglich sondern passwortgeschützt.


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Quelle:
http://www.wdr.de


Nach erfolgreicher Projektarbeit 2003: Miteinander doch vor dem Aus?

Im Jahr 2002 erklärten CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag, der Verein "Miteinander e.V.", der die zivilgesellschaftlichen Kräfte in den ländlichen Regionen stärken und rechtsextremes Gedankengut zurückdrängen will, solle wegen seiner politisch einseitigen Ausrichtung keine Landesmittel mehr erhalten.

Daraufhin regte sich bundesweit heftiger Widerspruch in Politik und Medien. Danach erklärte sich die Landesregierung bereit, statt 1 Mio. Euro immerhin noch 600.000 Euro an den Verein auszureichen. Im Januar 2003 beschloss die CDU-Fraktion, diese Summe noch einmal zu halbieren. Mit einem großen Kraftaufwand haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Miteinander e.V. erfolgreich versucht, die Arbeit trotz der drastischen Kürzung zu retten. Sie warben Fremdmittel ein, entwickelten kreative Ideen und beförderten durch eine vielseitige Projektarbeit den guten Ruf, den der Verein bundesweit genießt. Für 2004 wurde dem Verein von der zuständigen Verwaltung und von einem Koalitionspartner versichert, dass der Betrag nicht noch einmal gekürzt würde. In der letzten Sitzung des entscheidenden Ausschusses wurde am Freitag, 28.11.2003, der vorgesehene Betrag von 300.000 Euro auf 150.000 Euro gekürzt. "Offensichtlich wollen die Koalitionspartner ihre ursprüngliche Absicht nun doch noch aus politischen Gründen zügig umsetzen. Eine Kürzung um 85% in zwei Haushaltsjahren kann nicht anders interpretiert werden.", sagte der Vorsitzende des Vereins, Hans-Jochen Tschiche in Magdeburg. Die nochmalige Kürzung stellt die Arbeitsfähigkeit des Vereins in Frage. Zuletzt engagierte sich Miteinander e.V. im Vorfeld der derzeit in Halle/Saale gastierenden Ausstellung "Wehrmachtsverbrechen - Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-44" des Hamburger Instituts für Sozialforschung. In zahlreichen Veranstaltungen wiesen Mitarbeiter des Vereins auf die antidemokratische und antisemitische Propaganda rechtsextremer Gruppen gegen die Ausstellung hin. Erst am vergangenen Samstag hatten in Halle / Saale rund 800 Neonazis gegen die Schau demonstriert. Auf einer Kundgebung wurden in einer volksverhetzenden Weise auch Parteien, Kirchen und Gewerkschaften verleumdet und geschmäht. Bis in das nächste Jahr hinein reichen die Anfragen bei Miteinander e.V. für Vorträge, Seminar und Workshops zu Themen wie "Antisemitismus der extremen Rechten", "Fremdenfeindlichkeit" und "Strategien demokratischer Jugendbildungsarbeit". Die Rechtsextremen im Lande Sachsen-Anhalt werden triumphieren. Sie forderten schon seit langem die Zerschlagung des Vereins.
Zuletzt bei der Verleihung des Julius-Rumpf-Preises der "Martin-Niemöller-Stiftung" an Miteinander e.V. im September 2003. Bei einer Mahnwache vor dem Kirchengebäude der Magdeburger Hoffnungsgemeinde riefen sie: "Kein Geld für Miteinander!" Der Umgang der Landtagsmehrheit mit dem Verein setzt in Zeiten öffentlicher Diskurse über die Gefahr des Antisemitismus ein falsches politisches Signal. Der rechtsextreme Rand in der Gesellschaft wird dadurch in seinem Selbstbewusstsein gestärkt.
Tschiche: "Den Feinden der Demokratie sollten Demokraten durch ihre Entscheidungen keinen Aufwind geben."

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Kontakt/Infos:
Miteinander e.V. - Geschäftsstelle
Erich-Weinert-Str. 30
39104 Magdeburg
Tel.: 0391/620 77-44
Fax: 0391/620 77-40
Funk: 0171 - 48 94 864
E-mail: roro.gs@miteinander-ev.de
Web: www.miteinander-ev.de



  Jahrgang 2004 | Ausgabe 10 | 16 Februar 2004