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dessau und umgebung
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10 Jahre Multikulturelles Zentrum - Der Festakt

"Bürgerrechte werden nicht durch Herkunft konstituiert"

In der Aula des Dessauer Bauhauses beging das Multikulturelle Zentrum >grenzenlos< e. V. (MKZ) am 06. Juni 2003 mit einem Festakt sein 10jähriges Bestehen. Zahlreiche hochkarätige Gastredner, ein gut gefüllter Saal und Ehrengäste verliehen der Veranstaltung den entsprechend würdigen Rahmen.

Der Direktor des Dessauer Bauhauses, Prof. Dr. Omar Akbar, brauchte in seiner Rede nicht nur seine Freude zum Ausdruck, dass das Multikulturelle Zentrum e. V. sein Jubiläum im Bauhaus begeht, sondern verwies darüber hinaus auf die interkulturelle Tradition der Institution.
Am Aufbau des Bauhauses seien in den 20iger und 30iger Jahren insgesamt Persönlichkeiten aus 29 Ländern beteiligt, und auch aktuell lehren an der Hochschule Kolleginnen und Kollegen aus 29 Staaten.
Dies, so Akbar weiter, seih sicherlich ein Hauptgrund für die weltweite Bekanntheit des Bauhauses.
" 10 Jahre heißt nicht nur verbitterte Arbeit, sondern auch Erfolge. Misserfolge und Niederlagen galt es ebenso zu bewältigen, wie Feiern und Feste", bringt Barbara Quadduri, Vorstandsmitglied des MKZ, die Arbeit des Vereins in der vergangenen Dekade auf den Punkt.
Das MKZ wolle vor allem eins: Aufklärungsarbeit leisten. Mit diversen Projekten gegen Fremdenfeindlichkeit, der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, dem Antidiskriminierungsbüro und zahlreichen anderen Aktivitäten, so betonte Quadduri, soll dies auch in Zukunft realisiert werden.
Der Oberbürgermeister der Stadt Dessau, Hans-Georg Otto, dankte dem MKZ für sein vielfältiges Angebot und hob hervor, dass sich das Vereinsdomizil in der Parkstrasse zu einem echten Begegnungszentrum etabliert habe. Er erwähnte u. A. die Multikulturelle Woche und die Aktion Noteingang, erstere wurde und wird maßgeblich vom MKZ initiert und hat sich in den letzten Jahren zu einem festen und kulturellen Bestandteil der Stadt Dessau gemausert.
Das die Bemühungen für mehr Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit vor 3 Jahren plötzlich in Frage gestellt waren, ließ Otto nicht unerwähnt: "Durchreisende Rechtsextremisten erschlugen Alberto Adriano im Stadtpark". Zum Abschluss verlieh Otto seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Anwesenheit des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse beim Festakt mithelfen kann, das Ansehen Dessaus zu verbessern.
Wolfgang Thierse ist allgemein für sein Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bekannt und somit verwundert es kaum, dass es dem MKZ gelungen ist, den SPD-Politiker als Hauptredner zu gewinnen.
Thierse betonte das die Frauen und Männer im MKZ vor allem eins praktisch umsetzen: Intergration. Das dabei ein Schwerpunkt auf der Beratung von AsylbewerberInnen und anderen Flüchtlingen liegt um den bürokratischen Dschungel in der Bundesrepublik zu durchdringen, erwähnte der Politiker nicht ohne Anflug von Kritik.
"Das Organisieren des Zusammenleben zwischen Zuwanderern und Mehrheitsgesellschaft", so der Bundestagspräsident, sei der Garant dafür das "Zuwanderung keine Floskel bleibt, sondern konkret wird". Schon in der Sprache sah Thierse offensichtlich Intergrationshemmnisse und nannte als exemplarisches Beispiel den Begriff "ausländischer Mitbürger", der für ihn irgendwie einen komischen Beiklang habe. Denn schließlich, so Thierses Schlußfolgerung: "Bürgerrechte werden nicht durch Herkunft konstituiert".
Auch in der aktuellen Debatte um die Zuwanderung mahnte der Redner die PolitikerInnen bei allen Kontroversen, hier ihre Worte und Begrifflichkeiten besonders behutsam zu wählen.
Tendenzen, AusländerInnen im Zuge der Inneren Sicherheit ausschließlich als Sicherheitsrisiko zu begreifen, erteilte Thierse ebenso ein Abfuhr, wie der pauschalen Ablehnung des geplanten Zuwanderungsgesetztes.
Zum Abschluss wartete der Bundestagspräsident noch mit einigen Ergebnissen einer Studie auf, die manifestieren wie hoch das Toleranzdefizit in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch existent ist. So unterstützen 55% der Befragten die These, dass es in der Bundesrepublik zu viele AusländerInnen gebe, 28 % würden bei knappen Arbeitsplätzen AusländerInnen sofort aus dem Land weisen und immer hin noch 16% der Befragten sind der Meinung, dass die Weißen zu Recht führend in der Welt seien.
Thierse hatte dafür nur eine Erklärung: "Das ist schlicht Rassismus".



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Multikulturelles Zentrum
Parkstraße 07
06846 Dessau
Phone/Fax: 0340/ 61 73 30/6 61 10 02
e-mail:
multikultizentrum.dessau@t-online.de






Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hält die Laudatio zum Festakt

ein voller Saal zum Festakt

Kulturbeitrag inklusive...

Oberbürgermeister Otto spricht

     

 

  Jahrgang 2003 | Ausgabe 05 | 29. August 2003