der antirassistische newsletter für
dessau und umgebung

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Sagt nicht, ihr hättet von nichts gewusst Die Chronik Teil 5

| 2003

Bitterfeld, 27. August 2003; Etwa 10-15 Neonazis versammeln sich in den Nachmittagsstunden am Bitterfelder Bahnhof, trinken Alkoholika und pöbeln PassantInnen und Reisende an. Ein alternativer Jugendlicher (21) der mit einem Zug ankommt, wird direkt bedroht und verbal beleidigt. Nur mit viel Glück und Kreativität gelingt ihm die Flucht und er übersteht die Situation unverletzt.

Köthen, 24. August 2003; Mehrere bekannte Neonazis aus Köthen und Dessau, unter ihnen Mario Hesse (siehe auch Eintrag vom 16. August 2003) und der Dessauer Rechtsextremist Dannemann, warten offensichtlich gezielt auf die Ankunft eines Zuges, in dem Rückreisende von einem größeren Punkkonzert zu erwarten sind. Drei tatsächlich ankommende alternative Jugendliche, werden von den Neonazis eingeschüchtert und verbal bedroht. Nur durch die Hilfe eines unterstützend heraneilenden Antifaschisten, verläuft der Vorfall für die Punker glimpflich.

Bitterfeld, 23. August 2003; Gegen 02.00 Uhr wird ein Bitterfelder Ingenieur (45) von vier Neonazis vor dem Bahnhofsgebäude wegen seiner Hautfarbe mit rassistischen Sprüchen belegt, bedroht und schließlich von den Tätern umringt und geschlagen. Darüber hinaus wird ihm sein Aktenkoffer geraubt. Nach seiner Flucht ins Bahnhofsgebäude hat das Opfer das seltene Glück, dass sich ein Passant den verfolgenden Neonazis nähert und sie ob ihrer Tat zu Rede stellt. So eine Dosis Zivilcourage vertragen die Angreifer offensichtlich nicht: Sie flüchten. An dem Übergriff war u. A. der stadtbekannte Aktivist der rechten Szene, Andreas Fechner, sowie der Rechtsextremist Schumann beteiligt. Fechner trat zuletzt mit einem tätlichen Angriff, auf einen Teilnehmer einer antifaschistischen Spontandemonstration am 17. Mai in Bitterfeld, in Erscheinung. Mittlerweile konnten durch die zuständigen Strafverfolgungsorgane alle Tatbeteiligten ermittelt werden. Gegen einen der Täter erließ die Dessauer Staatsanwaltschaft Haftbefehl. 

Dessau, 21. August 2003; Auf dem israelitischen Friedhof in Dessau sind drei Grabsteine aus ihrem Sockel gehoben und umgelegt worden. Die Polizei ermittelt wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung und hat bislang keinen Hinweis auf die Täter, die fachmännisch vorgegangen seien. Die Steine selbst seinen nicht beschädigt worden. Laut Alexander Wassermann, Vorstand der jüdischen Gemeinde zu Dessau, sei dies der dritte Fall innerhalb von zwei Monaten in Sachsen-Anhalt.
(Quelle: Mitteldeutsche Zeitung/Anhalt Kurier, 29. August 2003)

Aken (Landkr. Köthen), 16. August 2003; Der bekannte Neonaziaktivist aus dem Umfeld der so genannten Anti-Antifa, Mario Hesse aus Köthen, besucht die "Akener Rocknacht", auf der mehrere Bands mit antifaschistischen/antirassistischen Background spielen. Sein Anliegen, Besucher und Bandmitglieder des Konzerts bildlich zu dokumentieren, wird erkannt und Hesse von dem Event entschlossen und bestimmt vertrieben.

Wunsiedel (Bayern)/Köthen, 16. August 2003; Mehr als 2000 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland marschieren in der bayerischen Kleinstadt zu Ehren des Hitlerstellvertreters Rudolf Hess. Neben der Glorifizierung des NS-Verbrechers und der verbrecherischen Deutschen Wehrmacht, werden im Umfeld des Aufmarsches unzählige Straftaten begangen und mindestens 70 Neonazis in Gewahrsam genommen.
Unter den TeilnehmerInnen sind auch die Köthener Neonazikader Andreas Reiche und Sebastian Dankowski. Im Vorfeld  des bundesweiten Neonaziaufmarsches hat auch die hiesige rechte Szene (siehe Einträge vom 08./09. und 12. August 2003) Aktivitäten im Kontext entfaltet. 

Aken (Landkr. Köthen), 15. August 2003; Am Rande des Akener Stadtfestes wird ein alternativer Jugendlicher (13) von Neonazis tätlich angegriffen und mit Schlägen ins Gesicht malträtiert. Die Rechtsextremen sprangen aus einem Auto (amtl. Kennzeichen BBG - ??? [für Landkreis Bernburg]) und schlugen auf das Opfer ein. Ein weiterer linker Jugendlicher wird ebenfalls zum besagten Stadtfest von mehreren rechtsorientierten Männern aus Aken geschlagen. Er trägt mehrere Hämatome und Risswunden im Gesichtsbereich davon. Diese Schläger werden von der Polizei vorläufig fest genommen.


Dessau, 12. August 2003; Neonazistische Aufkleber im Kontext der so genannten "Hess-Aktionstage 2003" (siehe auch Meldung vom 09. August 2003), AntifaschistInnen entfernten am 10. August im Bereich Dessau-Süds erst Hunderte von diesen, werden in noch größeren Stückzahlen in den Stadtteilen Süd, Innerstädtisch-Nord, Innerstädtisch-Mitte und Dessau-West festgestellt. Als Herausgeber der braunen Sticks firmiert das "Nationale und Soziale Aktionsbündnis Mitteldeutschland" (NSAM) mit Sitz in Berlin. Die Aufkleber und anderes Propagandamaterial im Kontext der oben aufgeführten rechtsextremistischen Kampagne, kann über die Homepage der Gruppierung "Nationaler Widerstand Berlin-Brandenburg" (NWBB) bezogen werden.
Dessauer AntifaschistInnen bemühen sich in den darauf folgenden Tagen, die Nazipropaganda wieder relativ flächendeckend aus dem Stadtbild zu tilgen.

Dessau, 11. August 2003; Bei einer öffentlichen Präsentation eines Internetportals gegen Rechts für Dessau und Umgebung im Dessauer Rathauses, gesellen sich auch zwei stadtbekannte Neonazis unter die Gäste der Veranstaltung. Nach dem die veranstaltende Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus Dessau (Projekt gegenpart) zu verstehen gibt, dass die Präsentation nicht während der Anwesenheit der Rechtsextremen beginnen wird, verweist eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung die ungebetenen Gäste des Raumes. Diese jedoch kommen der Aufforderung nicht nach. Schließlich erteilen eingetroffene Polizeibeamte einen Platzverweis und setzen das Hausrecht durch. Die Präsentation beginnt und verläuft störungsfrei.

Dessau, 08./09. August 2003;
In der Nacht vom 08. zum 09. August wurden im Bereich des Thomas-Müntzer-Clubs in Dessau Süd Werbeschilder und Straßenabsperrungsanlagen mit Hakenkreuzen, SS-Runen und "88"-Schmierereien versehen. Darüber hinaus konnten im näheren Umfeld der Jugendeinrichtung mindestens 200 neonazistische Aufkleber mit dem Spruch "Mord (...) Rudolf Hess" festgestellt werden. Offensichtlich handelt es sich bei diesen Propagandadelikten um gezielte Aktionen der hiesigen Neonaziszene gegen ein Straßenfest mit Open Air, unter dem Label "Dessau Allstars", am 09. August vor dem Thomas-Müntzer-Club. Der Club wird partiell auch von rechtsextremen und neonazistischen Jugendlichen frequentiert. Das Open Air wurde u. A. von antirassistischen Initiativen unterstützt und durchgeführt.
Es wurde Anzeige nach Paragraph 86a STGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) gegen Unbekannt erstattet.

Wittenberg, 26. Juli 2003; Eine Gruppe von 6 rechtsextremen Jugendlichen, im Alter zwischen 16 und 21 Jahren, verletzen einen 21jährigen Iraker in der Wittenberger Lerchenbergstrasse schwer.
Nach anfänglichen Beleidigungen und Bedrohungen bewarfen drei der Neonazis das Opfer mit Flaschen und traten auf den bereits am Boden liegenden ein. Der Betroffene erlitt u. A. Verletzungen im Kopfbereich, Hämatome und Prellungen.
Einige Täter aus der Gruppe sind den Ermittlungsbehörden bereits wegen einschlägigen, rechtsextremistischen und ausländerfeindlichen Delikten bekannt.

Dessau, 21. Juli 2003; Am  Montag, den 21. Juli 2003, ereignete sich gegen 23.00 Uhr in der Reinickestrasse in Dessau-Nord erneut ein schwerer Übergriff von zwei stadtbekannten Neonazis auf einen alternativen Jugendlichen (20).
Das Opfer ging in einer Gruppe mit zwei weiteren Personen die besagte Reinickestrasse entlang, als sie plötzlich neben sich einen langsam fahrenden PKW bemerkten.
Ohne Vorwarnung und mit Sprüchen wie "Jetzt kriegt ihr eine ab", sprangen zwei Neonazis aus dem Auto. Während zwei Personen der so attackierten Gruppe flüchten konnten, wurde das Opfer von einem der Angreifer ins Gesicht und im Bereich des linken Ohres mit Faustschlägen malträtiert und fiel schließlich zu Boden.
Auf der Erde liegend, wurde der Betroffene von beiden Rechtsextremen mit Fußtritten in den Rückenbereich tätlich angegriffen.
Die Angreifer rannten schließlich zu ihrem PKW, wendeten diesen und steuerten das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit genau auf die Stelle des Gehweges zu, wo das Opfer gerade im Begriff war, wieder auf zu stehen. Nur durch eine schnelle Reaktion und ein seitliches Abrollen entging das Opfer einem Überfahren.
Nach dieser erneuten Attacke stieg nochmals ein Neonazi aus dem Wagen aus und trat den Jugendlichen.
Der Betroffene musste zwei Tage stationär behandelt werden und hat u. A. mehrere Hautabschürfungen und einen Anriss des Trommelfells zu beklagen.
Von amtswegen wurde Anzeige erstattet.
Der Betroffene behält sich weitere juristische Schritte vor.

Wulfen (Landkr. Köthen), 12. Juli 2003; Aus einer Gruppe von mindestens 6  Neonazis, aus dem Umfeld der äußerst aktiven Organisation "Kameradschaft Köthen", heraus, wurde ein alternativer Jugendlicher auf der Tanzfläche einer Open Air-Disko ins Gesicht geschlagen und getreten. Die Tat verfolgten Dutzende von Zeugen, unternahmen allerdings nichts. Als der Betroffen zusammen mit einem anderen linken Jugendlichen das Heimatfest verlassen wollte, wurden die zwei erneut von den Nazischlägern tätlich angegriffen. Das Opfer hatte u. A. eine Risswunde im Mund und eine Kieferprellung zu beklagen.

Dessau, 30. Juni 2003; Am 30. Juni  wurde ein afrikanischer Flüchtling Opfer eines Übergriffes von Zivilbeamten der Polizei am Dessauer Stadtpark
Am Nachmittag des 30.Juni 2003 befand sich der Betroffene auf der Lohmannstrasse im Bereich des Dessauer Stadtparkes, als er plötzlich von 3 Männern verfolgt und am Hals gepackt wurde.
Auf seine Frage: "Was wollen Sie von mir?", bedeckte einer der Männer sein Gesicht mit einer Hand und drückte mit der anderen auf seinen Hals, so dass er nicht mehr sprechen konnte. Anschließend wurde das Opfer zu Boden gerissen und mit Handschellen gefesselt.
Auf die nochmalige Frage was dies solle, erfolgten weitere tätliche Handlungen (Schläge in den Bauchbereich, Tritte ins Gesäß) der Zivilbeamten und  erst dann erhielt er die Antwort: "Polizei!".
Die durchgeführte Durchsuchung und Leibesvisitation bei dem Flüchtling verlief ergebnislos.
Zum Zwecke der Identitätsfeststellung, obwohl er sich mittels Dokumenten ausweisen konnte, wurde das Opfer auf eine Polizeistation verbracht.
Dort erfolgte eine erneute Leibesvisitation. Insgesamt verbrachte das Opfer fast 2 Stunden in Polizeigewahrsam.
Der Betroffene stellte gegen die Zivilbeamten der Polizei Anzeige wegen Körperverletzung im Amt.
Dieser erneute Zwischenfall im Bereich des Dessauer Stadtparks reiht sich ein in eine ganze Abfolge von ethnisch motivierten Kontrollen und repressiven Maßnahmen gegen AusländerInnen. Wer nur ansatzweise der afrikanischen Minderheit zu zurechnen ist, ist in dieser Logik potentiell kriminell und der Gefahr einer oftmals grundlosen Kriminalisierung ausgesetzt.
Viele AusländerInnen meiden aus diesem Grund bereits den Stadtpark. Dies ist ein unhaltbarer Zustand.

Gräfenhainichen (Landkr. Wittenberg), 28. Juni 2003; Vermutlich in der Nacht zum 28. Juni werden in der sachsen-anhaltinischen Kleinstadt Dutzende Aufkleber der bereits Mitte der 90er Jahre verbotenen Neonaziorganisation  "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) angebracht. Ein engagierte Bürger meldet das Propagandadelikt der zuständigen Polizeibehörde, die die Aufkleber darauf hin entfernt. Trotz der Zusage, dass in dieser Sache ermittelt wird, findet dieser Vorfall keinen Eingang in den offiziellen Polizeibericht.

Roßlau (Anhalt-Zerbst), 27. Juni 2003; Mehrere Neonazis aus Köthen und Halle, die dem Spektrum der so genannten Anti-Antifa zu zurechnen sind, versuchen im Umfeld des antirassistischen "This is Ska"- Festivals auf der Rosslauer Wasserburg, vermeintliche AktivistInnen regionaler antifaschistischer Zusammenhänge bildlich per Kamera zu erfassen. Aufmerksame Besucher des Festivals können diesen Versuch allerdings vereiteln und vertreiben die Rechtsextremen.

Magdeburg/Dessau, 14. Juni 2003; Mindestens 15 Neonazis aus dem Umfeld der Gruppierung "Freie Nationalisten Dessau/Anhalt" nehmen an einem Aufmarsch unter dem Motto "In Erinnerung an die Opfer des Arbeiteraufstandes vom 17.Juni 1953 in der ehemaligen DDR" in Magdeburg teil. Insgesamt marschieren auf der rechten Demo 250 Neonazis, vorwiegend aus Sachsen-Anhalt, durch den Stadtteil Olvenstedt.
 

 

Dessau, 12. Juni 2003; AntifaschistInnen stellen im Bereich Törtener Str./Ecke Neuendorfstr. (Neubaudurchgang) neonazistische Schmierereien fest. Neben SS-Runen, einem "White Power" -Symbol und einem Hakenkreuz kann auch der Spruch "Blut muss fließen" dokumentiert werden.

Dessau, 30. Mai 2003; Auf dem Gelände des ehemaligen Plattenwerks in Dessau-West stellen AntifaschistInnen neben Hakenkreuzschmierereien auch eine zum Teil bereits verbrannte USA-Flagge und den Spruch "Stop the Invasion" fest.

Loburg (Anhalt Zerbst), 29. Mai 2003; Am Männertag tritt der Rechtsextremist Wildenhof die Eingangstür einer Lokalität in der Kleinstadt im Landkreis Anhalt-Zerbst ein, die auch von alternativen Jugendlichen frequentiert wird.

Bitterfeld, 24. Mai 2003; Ca. 15-20 Neonazis aus dem Umfeld der Gruppierungen "Bruderschaft Bitterfeld", "Kameradschaft Köthen" und "Freie Nationalisten Dessau/Anhalt" sowie der Nazipublikation "Nationaler Beobachter Halle/Saale" reisen zur antifaschistischen Demonstration "Für den Erhalt des Multikulturellen Jugendcentrums" nach Bitterfeld an. Die Neonazis versuchen für die sogenannte "Anti-Antifa"- Arbeit Fotos und Recherchen von antifaschistischen AktivistInnen  der Region zu erheben und bedrohen einige DemoteilnehmerInnen verbal. Letztlich werden die Nazis von AntifaschistInnen vertrieben und/oder von der Polizei in Gewahrsam genommen.

Bitterfeld, 17. Mai 2003; Am Rande einer antifaschistischen Spontandemonstration für das linke Jugendzentrum "Festung" in Bitterfeld greift der stadtbekannte Neonazi Andreas Fechner Demonstrationsteilnehmer tätlich an. Nach einem kurzen Handgemenge kann er vertrieben werden.

Dessau, 16. Mai 2003; Am 16. Mai 2003 gegen 17.40 Uhr wurde ein alternativer Jugendlicher (16) aus Dessau auf dem Friederikenplatz in Dessau-Nord durch einen Messerstich in den Rückenbereich erheblich verletzt.
Bei dem Angreifer handelt es sich um den US-amerikanischen Austauschschüler Charles K., der zur Tatzeit auf ein Dessauer Gymnasium ging.
Charles K. konnte in den letzten Wochen mehrmals am Rande von Aktionen der Neonazigruppierung "Freie Nationalisten Dessau/Anhalt" festgestellt werden. Zuletzt am 08. Mai 2003, als mehrere Neonazis versuchten, ein Auto mit InsassInnen einer vom Dessauer Bündnis gegen Rechtsextremismus organisierten Kranzniederlegung am Friedhof III, tätlich anzugreifen.
Kurz vor dem Messerstich tauchte Charles K. im Alternativen Jugendzentrum  Dessau e. V. auf und ergriff nach seiner Identifizierung schlagartig die Flucht.
Auf seinem Fluchtweg traf er auf sein Opfer und stach ohne Vorwarnung im Vorbeirennen auf den Jugendlichen ein.
Das Opfer erlitt Stichverletzungen im linken Schulterbereich. Die Verletzungen mussten umgehend ambulant-operativ behandelt werden.

Dessau, 15. Mai 2003; 2 alternative Jugendliche wurden am Hauptbahnhof von 3 Neonazis zunächst angepöbelt und später mit einer Schlagteleskopstange bedroht. Die Jugendlichen machen Beamte des Bundesgrenzschutz auf die Bewaffnung der Rechten aufmerksam, diese unternahmen allerdings nichts.

Loburg (Anhalt-Zerbst), 11. Mai 2003; Am darauf folgenden Tag, ebenfalls unter maßgeblicher Beteiligung von Marcel Nagora, bauen sich wiederum 30 Neonazis vor der Loburger Kneipe auf. Nur dem glücklichen Umstand, das keine alternativen Jugendlichen anwesend waren, ist es mutmaßlich zu verdanken, dass es diesmal zu keinen tätlichen Angriffen kommt. Nichts desto trotz zerstören die Neonazis die Schaufensterscheibe der Lokalität und haben vor dem Überfall, offensichtlich in Planungsabsicht, die Telefonleitung zerschnitten.

Loburg (Anhalt-Zerbst), 10. Mai 2003; Gegen 03.00 Uhr stürmen mindestens 6 Neonazis unter Leitung des einschlägig vorbestraften Rechtsextremisten Marcel Nagora eine Kneipe, die auch von linken Jugendlichen frequentiert wird. Mindestens 10 weitere Neonazis stehen derweil vor der Lokalität und unternehmen nichts. Nach anfänglichen verbalen Diskriminierungen und Drohungen a la "Du bist doch schwul" und "Ihr kriegt alle eine Kugel in den Kopf!" fängt Marcel Nagora an, die noch vier  anwesenden Gäste zu schlagen und zu treten. Dabei geht nicht nur Inventar zu Bruch, sondern an den Inhaber der Gaststätte wird darüber hinaus eine eindeutig politisch motivierte Drohung ausgestoßen: "Verpiss Dich aus Loburg und beherberge keine Zecken mehr!". Einem nicht der linken Szene zuzuordnen Gast wird das Handy geraubt. Nach dem durch Nagora erteilten Befehl "Abrücken", verschwinden die  Neonazis koordiniert. Mehrere der Opfer müssen u. a. wegen Prellungen und Schnittverletzungen ambulant behandelt werden.
Die zuständige Polizeibehörde und die regionale Presse sprechen später lapidar von einem "Wutausbruch Durstiger".

Dessau, 08. Mai 2003: Am Rande einer vom Bündnis gegen Rechtsextremismus (BgR) initiierten Kranzniederlegung an den Gräbern sowjetischer ZwangsarbeiterInnen und politischer GegnerInnen des Naziregimes auf dem Dessauer Friedhof III kam es zu einem provokativen Zwischenfall von Neonazis. Einer der Rechten versuchte einen abfahrenden PKW mit TeilnehmerInnen der BgR-Veranstaltung mit einer Flasche zu bewerfen. Diese allerdings verfehlte das Fahrzeug und traf stattdessen fast eine ältere Mitbürgerin.

Dessau, 01. Mai 2003; Am Rande der 8. Revolutionären 1. Mai Demonstration zeigt ein Insasse  der JVA Dessau  den AufzugsteilnehmerInnen den "Hitler-Gruß". Eine Anzeige nach Paragraph 86a STGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) wurde gestellt.

Dessau, 23. April 2003: Gegen 21.45 Uhr griffen 3 vermummte Personen das Alternative Jugendzentrum e. V. (AJZ) in der Schlachthofstraße 25 in Dessau an. Das Gebäude und die BesucherInnen wurden von den nach öffentlichen Informationen rechtsradikalen Tätern mit Flaschen beworfen und bepöbelt, es wurde lautstark und mit Knüppeln gestikulierend gedroht und Parolen wie "Sieg Heil!" und "Deutschland den Deutschen %u2013 Ausländer raus!" gebrüllt. Durch die Flaschenwürfe wurde der Rahmen eines Fensters beschädigt. Durch bestimmtes und besonnenes Handeln von BewohnerInnen und BesucherInnen des AJZ konnte einer der Täter gestellt und der eintreffenden Polizei übergeben werden. Die beiden anderen Tatbeteiligten wurden ebenfalls von BewohnerInnen und BesucherInnen des Vereinsdomizils erkannt, so dass die anwesenden Beamten sie festnehmen konnten.
Der AJZ e. V. stellte Strafanzeige und Strafantrag wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit versuchter, gefährlicher Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Sachbeschädigung.

Dessau, 20. April 2003: 25 Neonazis aus dem Umfeld der Gruppierungen "Freie (n) Nationalisten Dessau/Anhalt" und "Bruderschaft Bitterfeld" feiern im Rehsumpf in Dessau-Waldersee mit einem Lagerfeuer und einem dazugehörigen Besäufnis den "Hitlergeburtstag".

Dessau, 17. April 2003; Mindestens 5 Neonazis versuchen ein Abiturfest auf dem Schulhof (Provisorium in der Schloßstr.) des Dessauer Gymnasiums Philantropinum zu stören. Nachdem ihnen der Zutritt verweigert wird, postieren sie sich "Sieg Heil"-grölend vor dem Dessauer Rathaus.

Dessau, 3. April 2003: Unbekannte verkleben im Bereich Dessau Mitte/Süd mehrere Dutzend anti-US-amerikanische Plakate mit der Aufschrift "The Amerikan Way of Death". Die Plakate sind über die Neonazigruppierung "Fränkische Aktionsfront" (FAF) zu beziehen, die dem Spektrum der militanten "Anti-Antifa" zugerechnet werden kann.


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Antifa Dessau

c/o Infoladen „Volk und Wissen“
Schlachthofstr. 25
06844 Dessau
Phone/Fax: 0340/ 26 60 210/220

e-mail: querkopf@t-online.de



Diese Chronik über rassistische, rechtsextremistische und neofaschistische Gewalt- und Propagandadelikte in Dessau und den angrenzenden Landkreisen wird seit 1999 in unregelmäßigen Abständen von der Antifa Dessau erstellt. In die Chronik haben nur gesicherte und nachrecherchierte Informationen Eingang gefunden. Demnächst können die Chroniken ab 1990 auf der homepage www.projektgegenpart.org eingesehen und runtergeladen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, chronikrelevante Vorfälle zu melden, die dann nach genauer Prüfung auf Authentizität Eingang in die Chronik finden.

  Jahrgang 2003 | Ausgabe 05 | 29. August 2003