Neonazi-Aktion zum Todestag des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Hess  

Rechtsextreme Parolen im Stadtgebiet Dessau-Roßlaus und anderswo in Sachsen-Anhalt

Die Bilanz in der Nacht vom 16. auf 17. August 2010: Beschmierte Müllcontainer, Hauswände und Stromkästen. Nach Angaben der Polizei  haben Neonazis im Dessauer Stadtteil Süd an mehr als 20 Objekten Botschaften hinterlassen, kein Novum in den letzten Jahren (mehr dazu hier...). Botschaften und Parolen, die mit dem Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess in Verbindung stehen. Der verurteilte Kriegsverbrecher gilt in der extrem rechten Szene als Märtyer- und Identifikationsfigur. Das die Straftaten der hiesigen Szene offenbar geplant und koordiniert umgesetzt wurden, ist mehr als wahrscheinlich. Die Täter sprühten das Konterfei des Kriegsverbrechers mit Hilfe einer vorgefertigten Schablone. Die örtlichen Polizeidienststellen haben indes einen öffentlichen Zeugenaufruf gestartet. Auch aus anderen Landesteilen wurden inzwischen ähnliche Delikte gemeldet. Das Innenministerium in Magdeburg hatte im Vorfeld Hess-Kundgebungen für das gesamte Land untersagt.


Rudolf Hess-Applikation in Dessau-Süd 

Rudolf Hess wurde vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher zu lebenslanger Haft verurteilt. Den Rest seines Lebens verbrachte er im Kriegsverbrechergefängnis in Berlin Spandau, wo er sich am 17. August 1987 mit einem Stromkabel das Leben nahm. Hess versuchte bereits 1941 in alliierter Kriegsgefangenschaft in Großbritannien, Suizid zu begehen. Ein weiterer Selbsttötungsversuch ist für das Jahr 1977 nachzuweisen.

Seinen Todestag nehmen rechtsextreme Parteien und Gruppierungen in Deutschland und weltweilt seit dem zum Anlass, um dem Nazikriegsverbrecher zu glorifizieren und sich in wilden Verschwörungstheorien über seinen Tod zu ergehen. Im oberfränkischen Wunsiedel, wo Hess begraben ist, wurden die zentralen Aufmärsche seit 2005 verboten, nachdem dort regelmäßig Tausende Neonazis aufmarschierten. Danach  nahm die Bedeutung der so genannter „Hess-Aktionswochen“ in der extrem rechten Szene bundesweit zu. Rund um den Todestag waren vielerorts vermehrt Propagandadelikte und spontane Aktionen zu verzeichnen (mehr dazu hier…).


Propagandadelikt in der Dessauer Südstraße

Nach Informationen des Projekts gegenPart, haben Rechtsextremisten zudem in der Lutherstadt Wittenberg Propagandadelikte im Zusammenhang mit dem Hess-Todestag begangen. Dabei sind neben einschlägigen Sprühereien auch bis zu einhundert Aufkleber – vornehmlich mit Hess-Bezug - festgestellt worden.

Kritik wird indes an der Informationspolitik der Polizei laut. In Wittenberg und auch in Dessau-Roßlau, seien die entsprechenden Pressemitteilungen mit keiner Silbe auf die Verortung im Phänomenbereich "rechts" eingegangen.

Unterdessen wurden dem Projekt gegenPart zudem Propagandadelikte im Zusammenhang mit dem Todestag des Hitlerstellvertreters aus Magdeburg, Burg, Merseburg und Staßfurt gemeldet.

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Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt