„Wir kommen auch ohne Gerichtsverhandlung zum Urteil.“


rechtsextreme Parolen von der Anklagebank//Bedrohung und tätlicher Angriff im Gerichtssaal//Bewährungsstrafen für Dessauer Neonazi-Nachwuchs

Der zweite Verhandlungstag in der Strafsache gegen Dennis L., Robert Z. und Kevin A. (mehr dazu hier...) beginnt am 27. November 2008 zunächst mit einem rechtlichen Hinweis an den Angeklagten Dennis L.;  Die vorsitzende Richterin Haferland offeriert dem Angeklagten, dass bezüglich des Vorfalles vom 03. Februar 2008 auch eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Betracht käme, nicht nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung, da er nicht allein gehandelt habe, sondern mit moralischer Unterstützung des Mitangeklagten Robert Z. .

„Ich weiß davon gar nichts mehr, das ist viel zu lange her.“

Als erster Zeuge ist Martin R.* heute vorgeladen. Er soll am 09. August 2008 von den Angeklagten und anderen aus einer Gruppe heraus geschlagen worden sein. „Ich weiß davon gar nichts mehr, das ist viel zu lange her.“, so der Befragte eingangs. Bei seiner Vernehmung am 17. Juli 2008 sei er in einem anderen Verfahren zu dem selben Sachverhalt vernommen worden und habe noch bedeutend mehr gewusst, hält ihm die Richterin vor. Wenn sich der Zeuge gehemmt fühle, weil der Saal im Amtsgericht voll ist und sich die Anklagepunkte zumeist im Spektrum „Rechts gegen Links – oder wie auch immer“ abspielen würden, solle er dies bekannt geben. Die Staatsanwältin erläutert noch einmal, was einem Zeugen drohen würde, wenn er hier grundlos Zeugnis verweigern würde.



„Die kamen die Treppe runter und dann ging es los.“/„Na dann wurde ich zusammengeschlagen.“

Der Sachverhalt sei lange her und er habe auch etwas getrunken fängt der Befragte seine Aussagen an. „Die kamen die Treppe runter und dann ging es los.“, erinnert er sich an die Situation. Die Treppe eines Durchgangs im Plattenbau-Wohnblock, wo er sich zu diesem Moment aufgehalten habe, meint Martin R.* damit. „Was ist dann passiert?“, hakt die Richterin konkret nach. „Na dann wurde ich zusammengeschlagen.“, antwortet  der 18-Jährige. „Ich war alleine“ in dem Innenhof der Wohnblöcke und „vier bis fünf“ Täter seien es gewesen, die als Gruppe auf ihn zu gekommen seien, ergänzt er auf Nachfragen.

„Ins Gesicht geboxt und getreten am ganzen Körper.“

Es sei bereits dunkel gewesen und „Ich hab ja nichts gesehen – das ging ja so schnell.“, führt der Zeuge zum Tatablauf aus. „Ins Gesicht geboxt und getreten am ganzen Körper.“ hätten ihn die Täter, dann sei er zu Boden gegangen. Bekannte, die sich bereits oben in der Wohnung aufgehalten hätten, hätten dann die Polizei gerufen und ihn nach oben in die Wohnung geholt. „Auf alle Fälle Romano und Kevin waren dabei.“ - „Romano und Kevin kamen zuerst die Treppe runter.“, hält ihm die vorsitzende Richterin aus einer seiner vergangenen Vernehmungen dazu vor. Die Richter ist etwas aufgebracht über das zögerliche Aussageverhalten des Zeugen. „Ja, soviel wie ich wusste.“, bestätigt er zu Ausführlichkeit seiner Aussagen in den früheren Vernehmungen.

„Vielleicht fünf Minuten, genauer weiß ich das nicht.“

„Den Dennis L. kannte ich nur vom Sehen, insgesamt waren es fünf Personen.“ - Robert Z. und Kevin A. kannte er zuvor nicht, hält ihm Richterin Haferland aus seinen Aussagen vor, die die Mittäterschaft der Angeklagten in diesem Fall darstellen. „Vielleicht fünf Minuten, genauer weiß ich das nicht.“, meint der Zeuge zum zeitlichen Ablauf des Übergriffs von der Gruppe. Glücklicherweise habe nur ein blaues Auge und eine dicke Lippe davon getragen.


Angeklagter Robert Z. (Sonnenbrille) auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

 „Wir sollten keine Namen nennen, sonst könnten sie in den Bau gehen.“

Der nächste Zeuge Emanuel S. sei in diesem Verfahren ursprünglich auch als Beschuldigter geführt worden, weswegen er ein partielles Aussageverweigerungsrecht habe. Die Angeklagten sowie den gesondert verfolgten Kevin Sch. kenne er schon länger. Er, die drei Angeklagten und Kevin Sch. hätten am Abend des 09. August 2008 eine Einweihungsparty in der Wohnung von Kevin Sch.s Familie gefeiert. Dann seien sie später in Richtung des Billiard-Cafès „Alpha“ in der Kreuzbergstrasse unterwegs gewesen, führt der Zeuge aus, als sie in eine Personenkontrolle der Polizei geraten seien. Romano F. habe sich zu diesem Zeitpunkt oberkörperfrei ganz in der Nähe auf einer Hauseingangstreppe befunden. „Wir sollten keine Namen nennen, sonst könnten sie in den Bau gehen.“, sei in der Gruppe gesagt worden, erinnert sich der heute 19-Jährige an diese Situation zurück.

„Haben Sie damals oder heute gelogen?“

Die Vorsitzende hält ihm abschließend vor, dass seine Aussagen bei der Polizei von den heutigen abweichen würde. „Haben Sie damals oder heute gelogen?“, will sie von ihm wissen.  „Damals“, so der Befragte. „Dann lügen Sie auch heute.“, resümiert Richterin Haferland abschließend.

„Da war Mutti mal nicht da und wir haben uns gedacht, wir laden mal ein paar Kumpels ein.“

Als nächster Zeuge der Hauptverhandlung ist der 17-jährige Steven S. anwesend. Er wird zunächst belehrt, dass er nicht aussagen müsse, sofern er dadurch seinen Bruder Kevin belasten könnte. Kevin S. steht unter Verdacht an hier verhandelten Straftaten beteiligt gewesen zu sein. „Wir wohnen noch alle beide bei unserer Mutti.“, gibt er zunächst zu Protokoll. Auf den Abend des 09. August 2007 befragt, führt er aus: „Da war Mutti mal nicht da und wir haben uns gedacht, wir laden mal ein paar Kumpels ein.“ Die drei Angeklagten, sein Bruder Kevin und er selbst seien Abends dann zusammen in der Wohnung gewesen.


Amtsgericht Dessau-Roßlau

„Die sagen mir ja auch nicht alles, mein Bruder sagt mir auch nicht alles und ich bin ja auch nicht neugierig.“

Der Angeklagte A. sei zwischendurch in das Billiard-Cafè „Alpha“ gegangen. Alle außer dem Zeugen selbst hätten nach einem Anruf 21.30 Uhr die Wohnung verlassen, um Kevin A. wieder abzuholen. Als die Jugendlichen dann später wieder zurück kamen, hätten sie alle weiter gefeiert. „Die sagen mir ja auch nicht alles, mein Bruder sagt mir auch nicht alles und ich bin ja auch nicht neugierig.“, entgegnet der 17-jährige Zeuge, auf Fragen, ob ihm bei den Anwesenden damals nach deren Abwesenheit etwas aufgefallen sei oder diese irgendetwas erzählt hätten.

„Die haben gerufen – das haben alle mitbekommen.“

Als nächster Zeuge betritt der 19-jährige Tobias K.* Den Verhandlungssaal. Er habe am 09- August 2008 die Tätergruppe gesehen, die Martin R.* zusammengeschlagen haben sollen. „Die da draußen standen, haben dann geschrien.“, so der Zeuge bezüglich der Tätergruppe. Die Angeklagten Dennis L., Kevin A. und der gesondert verfolgte Romano F. hätten unten vor der Tür gestanden, nachdem sie Martin R.* zusammmengeschlagen hätten und dieser vor den Täter dann in die Wohnung geflüchtet sei. „Dann hat er sich das Gesicht sauber gemacht und dann wollten sie mit ihm reden.“, so der Zeuge zum Ablauf der Geschehnisse. „Die haben gerufen – das haben alle mitbekommen.“, gibt er weiter zu Protokoll.

„Bei L. und A. bin ich mir ganz sicher.“

Der heute 19-jährige sei dann runter gegangen, um für Ruhe zu sorgen, wie er aussagt. Da er selbst mit dem Geschädigten nichts zu tun gehabt habe, hätte er auch keine Angst vor der Gruppe gehabt. Der zuvor geschädigte und der Zeuge Tim S.* seien ein paar Minuten später hinterher gekommen. „Bei L. und A. bin ich mir ganz sicher.“, gibt der Zeuge hinsichtlich der damals Anwesenden an, Ferner sei Romano F. dabei gewesen, den Angeklagten Robert Z. könne er heute nicht mehr zuordnen.

„Der war ja richtig aggressiv.“

Die 18-jährige Lydia G.* sagt nun u.a. zu den Körperverletzungen am 03. Februar 2008 am Rande des Karnevalsumzuges in Dessau-Roßlau aus. Sie sei mit den später Geschädigten zusammen unterwegs gewesen. „Er war total blutüberströmt und hat gesagt, dass er von den Leuten zusammengeschlagen wurde.“, gibt die 18-jährige Zeugin hinsichtlich der Verletzungen des Stefan T.* an. Den Angeklagten Dennis L. kann sie heute im Saal klar als Täter benennen. „Der war ja richtig aggressiv.“, erinnert sie sich heute. Eine andere Person habe bei ihr und anderen Freunden gestanden und „hat aufgepasst, dass wir nicht hinterher gehen konnten.“, führt sie weiter dazu aus.

„Ich weiß nur noch, wie er weggezogen wurde und dann saß er völlig blutüberströmt auf der Treppe.“

„Der von vorhin, der solchen Stress gemacht hat.“, habe der Geschädigte Stefan T.* ihr den Täter konkretisiert. T.* habe sich dabei auch die Situation kurz zuvor bezogen, als Dennis L. ihn auf den Pullover-Aufdruck „Randale“ hin angesprochen hat. „Dann mach doch Randale oder lass uns um die Ecke gehen.“, erinnert sie sich auf die Ansprache durch den Angeklagten. Daraufhin habe die Zeugin den Täter Dennis L. unter den Karnevalsgästen einer Bekannten und später auch der Polizei zeigen können. „Ich weiß nur noch, wie er weggezogen wurde und dann saß er völlig blutüberströmt auf der Treppe.“, führt die Befragte nochmal auf Nachhaken des Verteidigers von Dennis L. aus.


Angeklagter Dennis L. (Bildmitte) auf der Neonazidemonstratin am 08.März 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

„Stehen bleiben!“

„Dass Herr Z. einer von den Dreien war, das sind sie sich sicher?“, fragt die Richterin den nächsten Zeugen Thomas K. „Ganz sicher.“, antwortet der 44-jährige Polizeibeamte. Er sei nach der Körperverletzung vom Karnevalsumzug vor Ort gewesen und habe sich teilweise mit den mutmaßlichen Tätern befasst. Auf dem Hinterhof nahe der Zerbster Straße, dem Tatort, habe er mit Kollegen zusammen Personen versucht aufzuhalten, die vom Tatort hätten flüchten wollen. Auf ein „Stehen bleiben!“, hätten die zwei bis drei Personen zunächst nicht reagiert – erst nachdem sie die Verfolgung aufgenommen hätten, seien diese dann doch stehen geblieben. Der Zeuge kann die Angeklagten Robert Z. und Dennis L. heute klar als diese Flüchtenden benennen.

„Der hat sich wegen seiner zerrissenen Jacke beschwert.“

„Robert Z. kenne ich.“ sagt der nächste Zeuge Stefan J. . Der 20-Jährige sei zusammen mit dem Zeugen Thomas G. beim Karneval gewesen. „Sie haben auch eine schwarze Jacke an – geben Sie auch mal Ihre Personalien ab.“, sollen die Polizeibeamten zu ihm gesagt haben, als er den Ort des Geschehens tangiert habe. Der Angeklagte Robert Z. habe zu diesem Zeitpunkt bereits bei den Polizeibeamten gestanden: „Der hat sich wegen seiner zerrissenen Jacke beschwert.“ Der frühere Zeuge Thomas G. sei dann auch dort kontrolliert worden.

„Von der anderen Straßenseite kam: 'Eh du Fotze, bleib stehen!“

Die 16-jährige Zeugin Janine B.* sei mit Marco H.* befreundet gewesen und am 28. Dezember 2007 dabei gewesen, als der Angeklagte Dennis L. Marco H.* in der Nähe das Billiard-Cafès „Alpha“ beleidigt haben soll. „Von der anderen Straßenseite kam: 'Eh du Fotze, bleib stehen!“, erinnert sich die Zeugin heute. Durch das Licht der Straßenlaterne unter der Dennis L. gestanden hätte, habe sie diesen genau erkennen können. Da Marco H.* bereits vorher von den Tätern angegriffen worden sei, war sie sich in diesem Moment sicher, dass dieser Ruf ihrem damaligen Freund Marco H.* gegolten habe.

Bist du ein Zecke oder was?“/„Sowas hat hier in Dessau und in Deutschland nicht rumzulaufen.“

Am 26. Oktober 2007 seien sie in der Stadt unterwegs gewesen, sagt sie aus, als es plötzlich von der anderen Straßenseite gepfiffen habe. Erst sei der Angeklagte Dennis L. aus der Gruppe über die Straße gelaufen gekommen, anschließend auch der zweite Angeklagte Robert Z. . „Bist du ein Zecke oder was?“, soll L. den später Geschädigten abfällig gefragt haben. „Es wurde immer wieder nachgefragt.“, erinnert sich die Zeugin. „Sowas hat hier in Dessau und in Deutschland nicht rumzulaufen.“ Dennis L. habe zuerst versucht nach ihren Begleiter Marco H.* zu treten, anschließend sei auf ihn eingeschlagen worden.

„Der ist übelst auf Marco H.* losgegangen.“/„Es haben beide gehandelt.“

Auch Daniela F.* sei an diesem Tag mit Marco H.* und Janine B.* unterwegs gewesen. „Der ist übelst auf Marco H.* losgegangen.“, ist der 19-Jährigen heute noch erinnerlich. Die Angeklagten Dennis L. und Robert Z. kann auch sie als Täter klar zuordnen, diese seien zudem in Dessauer bekannt. „Ich weiß nicht mehr welcher Schlag oder Tritt von wem kam. Es ging schnell.“, gibt die Zeugin zu Protokoll. Die Staatsanwältin hält ihr ihre Aussagen der polizeilichen Vernehmung vor: „Erst ein Tritt, den er abwehren konnte, dann die Kopfnuss, dann geschlagen.“ und  „Es haben beide gehandelt.“ Das beide Täter gehandelt haben, da ist sich die Zeugin auch heute noch sicher.


Amtsgericht Dessau-Roßlau

Die 23-jährige Zeugin W. war im Dezember 2007 die Freundin von Dennis L. gewesen, gibt sie an, heute seien sie noch befreundet. Sie gibt zu Protokoll, dass sie an dem besagten Tag die ganze Zeit mit dem Angeklagten Dennis L. zusammen gewesen sei und von einer Beleidigung nicht wisse. Die vorsitzende Richterin Haferland will von ihr wissen, woher sie wisse, dass es sich um ein Beleidigung handeln würde. Das will die Zeugin der Vorladung entnommen haben. Nachdem die Richterinn sich die Vorladung von der Zeugin zeigen lässt, muss diese eingestehen, dass dort ausschließlich „schwere Körperverletzung und anderes“ geschrieben steht.

„Sie wissen schon, dass Sie hier die Wahrheit sagen müssen?“

„Sie wissen schon, dass Sie hier die Wahrheit sagen müssen?“ fragt die vorsitzende Richterin nochmal eindringlich. Ob sie an dem besagten Tag zwischen Weihnachten und Silvester mit Dennis L. unterwegs gewesen sei, wisse sie nicht mehr, gibt sie anschließebd zu Protokoll. Dennis L. sei auch mal ohne sie unterwegs gewesen. An eine Situation, in der der Angeklagte jemand anderem etwas wie „Fotze“ hinterher gerufen habe, ist ihr nicht erinnerlich. „Nein, da war ich nicht dabei.“, so die 23-Jährige.

„schon fast eine schädliche Neigung im Raum steht.“

Nach einer ersten Vorberatung der Verfahrensbeteiligten im Richterzimmer kommen die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten durch die Jugendgerichtshilfe zur Sprache. Dem Angeklagten Dennis L., einem Einzelkind mit 2007 erworbenem Realschulabschluss, der aktuell Fachkraft für Lagerlogistik lernt und von 400 Euro plus Kindergeld lebt, attestiert die Jugendgerichtshilfe, dass „schon fast eine schädliche Neigung im Raum steht.“ Seit November 2008 habe er mit seiner verlobten zusammen eine eigene Wohnung und er spiele beim Sportverein „ASG Vorwärts Dessau“ Fußball.


Robert Z.mit Fahne hinter dem Transparent auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

„öfter gefährliche Körperverletzungen“

Kevin A. habe bereits „öfter gefährliche Körperverletzungen“ begangen, diese seien bisher gegen Auflagen immer eingestellt worden. Nach einem 2007 erworbenen Hauptschulabschluss befände sich der Angeklagte seit zwei Monaten an der Chaponschule III, wo er Ernährung und Hauswirtschaft lerne. Laut eigenen Angaben liege ihm das allerdings nicht, er würde, wie Dennis L., Fachkraft für Lagerlogistik bevorzugen, habe sich aber „aus Faulheit“ bisher noch nie dahingehend beworben. Gegenwärtig lebe er vom Geld der Mutter, wie er angibt. Auch er spiele beim „ASG Vorwärts Dessau“ Fußball. Die Jugendgerichtshilfe empfiehlt bei ihm eine Arbeitsauflage, da er zur Tatzeit noch 15 gewesen sei.

„Ich mach zur Zeit gar nichts.“

Auch der Angeklagte Robert Z. hat bereits u.a. eine Körperverletzung in den Akten stehen. Nach den Besuch der Mauerschule in Dessau hat der Bruder von sieben Geschwistern ein berufsvorbereitendes Jahr (BVJ) absolviert. Fachrichtung Landschaftsbau habe ihn damals interessiert, weil er das nach eigenem Bekunden ganz gut könne. „Ich mach zur Zeit gar nichts.“, sagt der Angeklagte hinsichtlich seiner aktuellen Situation. Von Hartz IV und den Ressourcen des Vaters würde er heute leben, gibt er an. „Eine Art Hauptschulabschluss“ habe er im Rahmen des BVJ gemacht, eigentlich wolle er Maler werden, so der 20-Jährige. Am Wochenende würde Robert Z. viel mit seinem Vater zusammen untenehmen, führt die Jugendgerichtshilfe aus. Wie die anderen beiden Angeklagten spiele auch er Fußball beim „ASG Vorwärts Dessau“, laut Internetseite des Vereins ist Robert Z. zudem Trainer der G-Jugendmannschaft.

„Na, Nationale – gegen dieses System“/„Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen.“

Die Staatsanwältin hakt nach: „Sie sind politisch aktiv Herr Z.?“ „Dass wissen Sie doch, Sie haben doch die Bilder da drüben.“, antwortet der befragte Angeklagte. „Für die Entwicklung des Angeklagten“ halte die Vertreterin der Anklagebehörde diese Informationen schon für relevant entgegnet diese auf die Einwände des Verteidigers. Richterin Haferland interessiert, was das für Demonstrationen seien, auf die der Angeklagte gehe. „Na, Nationale – gegen dieses System“ antwortet Robert Z. . „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen.“, setzt Z. den kritischen Nachfragen der vorsitzenden Richterin nach (Diese Parole wird regelmäßig bei Demonstrationen der extrem rechten Szene von den Teilnehmern skandiert. Anm. d. Red.). Auch die Richterin des Amtsgerichtes hält diese Hintergründe für die Erstellung einer Sozialprognose für den Angeklagten für relevant.


Angeklagter Robert Z. (Bildmitte, Sonnenbrille) auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

„Die Meinung ja – Ich geh halt nicht so auf Demos, aber die Meinung hab ich schon.“

Abschließend fragt die Richterin den Angeklagten Dennis L., der in Vergangenheit auch als Teilnehmer rechtsextremer Veranstaltungen festzustellen gewesen ist, nach dessen politische Einstellung. „Die Meinung ja – Ich geh halt nicht so auf Demos, aber die Meinung hab ich schon.“, antwortet der Befragte.

„Schläfst du nachts noch ruhig?“

In den letzten Minuten war deutlich zu merken, dass die Nachfragen nach der politischen Einstellung und damit verbunden Aktivitäten der Angeklagten, unter dem etwa ein Dutzend Rechtsextremen im Publikum für Unruhe sorgte. Die angesprochenen Bilder aus einem Prozessbericht vom ersten Verhandlungstag im Internet schreiben sie wohl einem anwesenden Prozessbeobachter zu. Als das Gericht nun pausiert, zeigt sich, dass das extrem rechte Publikum vor Beleidigungen, Bedrohung und Körperverletzungen auch im Gerichtssaal nicht zurückschreckt. Der in diesem Verfahren bereits vernommene Zeuge Kevin S. bedroht den Beobachter mit den Worten: „Schläfst du nachts noch ruhig?“ Der Vater des Angeklagten Robert Z. beleidigt jenen Besucher und schlägt ihn Kraft seiner Wassersuppe mit der Faust gegen den Oberarm. Ein weiterer Besucher stößt dem Anwesenden den Ellenbogen in den Nacken.


Robert Z. (2.v.li.) und Zeuge Siegmar Z. (3.v.re.) auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Nach der Pause und einem längerem Rechtsgespräch hält die Staatsanwältin das Plädoyer im Namen der Anklagebehörde. Dennis L. solle eine zehn-monatige Bewährungsstrafe auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit und einem Bewährungshelfer als Auflage erhalten. Für Robert Z. sei gerade noch mal so Jugendstrafrecht anzuwenden, so die Staatsanwältin. Er solle acht Monate Jugendstrafe auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt, 80 Stunden gemeinnützige Arbeit und ebenfalls einen Bewährungshelfer als Auflage erhalten. Schädliche Neigungen seien bei beiden festzustellen. Das Verfahren für den Angeklagten Kevin A. solle von diesem abgetrennt, erneut verhandelt werden.


Robert Z. und Zeuge Siegmar Z. auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Der Nebenklagevertreter Thielemann hält die Angeklagten an, sich mal in die Rolle der Geschädigten zu versetzen, um ihr eigens kritikwürdiges Verhalten zu hinterfragen. Im Kern schließt sich Thielemann den Forderungen der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer an, lediglich die Kosten des Verfahrens sollten ihnen nach seiner Auffassung zusätzlich noch auferlegt werden. Der Verteidiger von Dennis L. fordert, die Arbeitsauflage für seinen Mandanten zu minimieren, in den übrigen Punkten schließt er sich dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft an. Der Verteidiger des Angeklagten Robert Z. versucht nochmal darzustellen, dass sein Mandant in allen ihm zur Last gelegten Fällen nur hinterher gelaufen sei und sich nachträglich rein gehangen habe – selbst habe Robert Z. nicht den größten Schaden in diesen Situationen verursacht, führt er aus. Den Forderungen der Staatsanwaltschaft schließt er sich im Namen seines Mandanten an.

„Wir kommen auch ohne Gerichtsverhandlung zum Urteil.“

Ablehnende Äußerungen gegen die Struktur eines Rechtsstaates aus der hinteren Publikumsreihe bestimmen die letzte Verhandlungspause in diesem Verfahren. „Wir kommen auch ohne Gerichtsverhandlung zum Urteil.“ und ähnliche Schmähungen sind von den Sympathisanten der rechten Angeklagten zu vernehmen.


ZeugeThomas G. und Angeklagter Robert Z. am Transparent auf der Neonazidemonstration gegen Innneminister Holger Hövelmann am 14.Juni 2008 in Zerbst (mehr dazu hier...)

Den Absprachen entsprechend verkündet Richterin Haferland für Dennis L. und Robert Z. die geforderten zehn und acht Monate auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt. 100 und 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit, wobei der Angeklagte Robert Z. diese innerhalb der nächsten zwei Monate abgeleistet haben solle.

„Sie behaupten das zwar, aber Sie haben im Verlauf des Prozesses mehrmals gelogen.“/„Herr L., was Sie da mit Herrn T.* gemacht haben, ist übelst.“

Zum Sachverhalt vom 26. Oktober 2007 habe Dennis L. die Taten eingeräumt. „Das Ärger in der Luft liegt, war Ihnen klar.“, spricht Haferland Robert Z. an und verdeutlicht ihm, dass selbst das Mitgehen und die moralische Unterstützung bei der Körperverletzung strafbar sei. Zur Beleidigung vom 28. Dezember 2007, die Dennis L. angelastet wurde, habe es laut Auffassung des Gerichts eine Zeugin gegeben, die L. als Täter klar erkannt habe. Die vom Angeklagten eingebrachte Entlastungszeugin W., seine damalige Freundin, sei „unergiegig“ gewesen. „Sie behaupten das zwar, aber Sie haben im Verlauf des Prozesses mehrmals gelogen.“, führt die Vorsitzende hinsichtlich der Beteuerungen des Angeklagten aus, dass er dafür nicht verantwortlich sei. „Herr L., was Sie da mit Herrn T.* gemacht haben, ist übelst.“, so Richterin Haferland zur gefährlichen Körperverletzung am 03. Februar 2008 am Rande des Karnevalsumzugs. Wegen eines T-shirt-Aufdruckes den Geschädigten mit einer zweiten Person in die Seitengassen gezogen und folglich mit mehrfachen Tritten ins Gesicht schwer verletzt zu haben, könnte auch wegen versuchtem Totschlags nebenan am Landgericht verhandelt werden, gibt die Vorsitzende zu bedenken.

„Wir können hier nicht die Augen verschließen, dass die Taten hier mit politischem Hintergrund begangen worden.“/„Beiden hätte gut gestanden, sich bei ihren Opfern zu entschuldigen, was nicht passiert ist.“

„Sie waren die treibende Kraft.“, so Haferland zu L., schädliche Neigungen könnten auch nach ihrer Auffassung nicht ausgeschlossen werden. Bei Robert Z. erkennt sie einen inneren Konflikt, dass er als „Coolman“ ernst genommen werden wolle contra Defiziten, die merkbar seien, wenn er sich selbst äußere. „Wir können hier nicht die Augen verschließen, dass die Taten hier mit politischem Hintergrund begangen worden.“, so die Richterin weiter. Angesichts seines sozialen Umfeldes könne sie bei Robert Z. schädliche Neigungen noch weniger ausschließen. Mit den Worten: „Beiden hätte gut gestanden, sich bei ihren Opfern zu entschuldigen, was nicht passiert ist.“ schließt die Vorsitzende die Verhandlung.

*Namen geändert



verantwortlich für den Artikel:

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt