Vom altbackenden NPD-Funktionär bis zum militanten Neonaziaktivisten

Extrem rechte Kandidatinnen und Kandidaten stellen sich in der Region Anhalt zur Wahl // In Dessau-Roßlau tritt der bekannte Neonazi Alexander Weinert zur OB-Wahl an

Zur Kommunalwahl am 25. Mai 2014 treten für die verschiedenen parlamentarischen Vertretungen auch zahlreiche Kandidaten der rechtsextremen NPD an. Im Folgenden ein Überblick zu bekennenden Rechtsextremisten und Neonazis, die zu den Kommunalwahlen in den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg und der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau antreten.

Dessau-Roßlau

Im Unterschied zu den Kommunalwahlen im Jahr 2009, als sich für die Wahlen zum Stadtrat in Dessau-Roßlau keine Kandidaten für die NPD auftreiben ließen (mehr dazu hier...), versuchen zur Wahl im Jahr 2014 sechs Kandidaten auf dem Ticket der neonazistischen Partei in den Stadtrat einzuziehen. Überraschend ist dabei am ehesten die Tatsache, dass mit Alexander Weinert und seinem Bruder, Christian Weinert, zwei Aktivisten der sogenannten freien Kräfte für die NPD antreten. Bisher fielen beide gerade nicht durch ihre Nähe zur Partei NPD auf, sondern engagierten sich bei Demonstrationen, Aufmärschen und Kundgebungen (mehr dazu hier...) für die Kameradschaftsszene. Insbesondere Alexander Weinert, der seit mehreren Jahren rund um den 7. März einen „Trauermarsch“ in Dessau-Roßlau anmeldet (mehr dazu hier...), inszenierte sich gern als Anführer der parteifernen Neonazis. In den vergangenen Jahren beschränkten sich öffentlich sichtbare Kontakte zur NPD darauf, dass die geschasste ehemalige Landesvorsitzende der NPD, Carola Holz, bei den Aufmärschen in Dessau-Roßlau als Ordnerin auftrat und einige NPD-Vertreter an den Demonstrationen teilnahmen.


Carola Holz als Ordnerin beim Neonaziaufmarsch 2013 in Dessau-Roßlau.


Alexander Weinert (3 v. r.) und sein Bruder Christian Weinert (links mit Telefon) 2014 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...).


Mit der Kandidatur auf der Liste der NPD für den Stadtrat in Dessau-Roßlau, ließ es Weinert allerdings noch nicht bewenden: einige Tage nach dem Bekanntwerden seiner Kandidatur verkündete Alexander Weinert außerdem, dass er auch Oberbürgermeister der Stadt Dessau-Roßlau werden wolle. Im Gegensatz zu seinen sonst üblichen politischen Aktivitäten auf Demonstrationen der Kameradschaftsszene, die sich pauschal gegen Demokratie und das „gesamte politische System der BRD“ stellen, gibt sich Weinert als OB-Kandidat etwas biederer. In seinem bisher einzigen Werbeversuch stellt Weinert Forderungen gegen Misswirtschaft, für Familien und niedrige Steuern auf. Seine neonazistische Gesinnung bleibt jedoch unerwähnt. Der öffentlichen Präsentation der OB-Kandidaten blieb Weinert fern, so ließ er die Gelegenheit zur Erklärung seiner neuen Wahlbegeisterung ungenutzt verstreichen.


Alexander Weinert: biedere Inszenierung als vermeintlicher "Kümmerer"

Die neue Nähe der örtlichen Neonazisszene zur NPD, dürfte im Wesentlichen dem Engagement von Thomas Grey zu zuschreiben sein. Grey kandidiert selbst zum ersten Mal für die NPD in Dessau-Roßlau, hat sich aber in den vergangenen Jahren bereits sehr für die neonazistische Partei engagiert. Ob auf Infoständen gegen den Euro und für die „Wiedereinführung der D-Mark“ (mehr dazu hier...) Propagandamaterial verteilt wurde oder in Vockerode der Versuch unternommen wurde, rassistische Stimmung gegen Asylsuchende zu verbreiten, Thomas Grey war mit dabei. Das kontinuierliche Verteilen von Agitationsmaterialien und offenbar die äußerst dünne Personaldecke der NPD haben dazu geführt, dass Grey für seinen Einsatz auch mit dem Posten eines stellvertretenden Landesvorsitzenden betraut wurde. Mit dem Neonazi Alexander Weinert verbindet Grey – neben den gemeinsamen rechtsextremen Aktivitäten – auch die wirtschaftlichen Interessen. Den eigenen Angaben zufolge versuchen sich die beiden NPD – Kandidaten auch als Bauunternehmer und unterstützen sich wohl gegenseitig bei Aufträgen.


Birgit Fechner (l.) mit Thomas Grey (Bildmitte) 2012 in Dessau-Roßlau.

Die drei anderen Kandidaten sind bisher weniger öffentlich in Erscheinung getreten. Michael Bau, der im Wahlbereich fünf in der Stadt Dessau-Roßlau antritt, ist gemeinsam Thomas Grey auf einigen Informationsständen und Demonstrationen für die Partei unterwegs gewesen. Mit Monika Kedziora, die im Wahlbereich zwei antritt, und Marcel Kerner (Wahlbereich sechs) ist die NPD-Liste für Dessau-Roßlau komplett. Hinzu kommt, dass mit Thomas Grey,Marcel Kerner und Michael Bau drei Rechtsextremisten sich zur Wahl des Ortschaftsrates in Roßlau aufgestellt haben. Ein Novum bei der Kommunalwahl 2014 in der gesamten Region. 

Ingmar Knop (mehr dazu hier...), der 2007 noch auf dem Ticket der DVU in den Stadtrat eingezogen war und sein Mandat nach der Fusion zwischen NPD und DVU für die NPD inne hat, tritt nicht erneut zur Wahl an.


Michael Bau (Bildmitte) und Birgit Fechner bei einem rechtsextremen Aufmarsch in Dessau-Roßlau.

Landkreis Anhalt Bitterfeld

Für die Kommunalwahl im Bereich des Landkreises Anhalt-Bitterfeld ist es der NPD nicht gelungen, Kandidaten für die Stadtratswahlen der größeren Ortschaften aufzustellen. In der Kreisstadt Köthen, in der die Partei in dieser Legislaturperiode ein Mandat hält, tritt kein Kandidat an. Steffen Bösener (mehr dazu hier...), ehemaliger Betreiber eines Ladengeschäftes für rechtsextreme Devotionalien, Musik und Bekleidung, tritt nicht erneut für die NPD an. Auch für die Stadt Bitterfeld-Wolfen treten keine NPD-Kandidaten an, obwohl die Partei im Landkreis über Aktive verfügt. Mit Andreas Köhler tritt ein Kandidat, der bisher bereits ein kommunales Mandat für die NPD ausfüllte, erneut an und versucht wieder in Kreistag von Anhalt-Bitterfeld einzuziehen. Auch Köhler ließ sich in der Vergangenheit gelegentlich an den Infoständen der NPD in der Region sehen und engagierte sich darüber hinaus bei Aufmärschen der sogenannten freien Kräfte. Neben ihm kandidiert auch die ehemalige Brandenburger DVU-Landtagsabgeordnete Birgit Fechner auf der Liste. Und mit ihr, ihr Lebensgefährte und ehemaliger Wahlkreismitarbeiter Andreas Klar, der ebenfalls einige Male zu Infoständen in Erscheinung trat und als Beisitzer im Landesvorstand der Partei ist. Bernd Hoyer, Holger Großömigen (der ebenfalls im Landesvorstand der Partei ist) und Uwe Schönwald komplettieren die Kandidaten zur Kreistagswahl.


Andreas Köhler (2. von links) und Christian Weinert (rechts) in Dessau-Roßlau 2012.

Landkreis Wittenberg

Sowohl für den Stadtrat in Wittenberg als auch den Kreistag des Landkreises hat die NPD Kandidaten aufgestellt. Doch nicht der „Dauer-Infostand-Anmelder“ und NPD-Kreisvorsitzende Thomas Lindemann (mehr dazu hier...) tritt für die NPD an. Der zieht es vor sich in Leipzig zur Wahl zu stellen. Vielmehr hat die rechtsextreme Partei Danilo Wessel und Mathias Höhne für den Stadtrat der Lutherstadt Wittenberg nominiert. Für den Kreistag hat die rechtsextreme Partei drei Kandidaten gefunden, hier treten Gerald Hofmann, Daniel Tzschoppe und Torsten Escherich an. Insbesondere Escherich ist seit vielen Jahren für verschiedene Neonazikreise aktiv, von der früheren örtlichen Neonazi-Kameradschaft bis zu den heutigen Aufmärschen und NPD-Infoständen.


Torsten Escherich (3. von links) bei einer Neonazi-Kundgebung am 08. Mai 2013 in Wittenberg (mehr dazu hier...).


SERVICE

Alle Hintergrundinformationen zum Kommunalwahlkampf der rechtsextremen NPD in Dessau-Roßlau finden Sie hier in einem zusammengestellten Handzettel  (download PDF-Datei...).





verantwortlich für den Artikel:

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt