Beratungsprojekte gegen Rechtsextremismus in Anhalt bilanzieren das erste Halbjahr 2012

Rechte Ereignislagen nach wie vor auf einem hohen Niveau  // Dessau-Roßlau Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten in der Region // Anstieg von Delikten im Landkreis Wittenberg  // Revitalisierung lokaler NPD-Strukturen zu verzeichnen

      

Die Zahlen und Analysen der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (OBS) und des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus (Projekt gegenPart) beschreiben ein deutliches Bild: In der Region Anhalt (Dessau-Roßlau, Landkreis Wittenberg, Landkreis Anhalt-Bitterfeld) gehören rechtsextreme und demokratiefeindliche Bestrebungen zur Realität auf den Straßen und öffentlichen Plätzen. Zwischen Elbe und Saale haben statistisch gesehen fast  alle zwei Tage Rechtsextremisten Menschen bedroht, Aufmärsche organisiert, Propagandadelikte verübt und zugeschlagen. In der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau konnten erneut die meisten Meldungen festgestellt werden. So entfielen in den ersten beiden Quartalen in diesem Jahr insgesamt 52% der Einträge in der gegenPart-Chronik (mehr dazu hier...), in der Straf- und Gewalttaten, Propagandadelikte und Ereignislagen verzeichnet sind, auf die Doppelstadt. Bemerkenswert ist zudem ein von der OBS Dessau zu verzeichnende Trend: Ein Anstieg von rechten Bedrohungen und Körperverletzungen im Landkreis Wittenberg.


Kritik nach Äußerungen von Verfassungsschützer

Migrantennetzwerk fordert interkulturelle Schulungen

Das Landesnetzwerk der Migrantenselbstorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) hat in einer aktuellen Pressemitteilung eine interkulturelle Schulung für Verwaltungsmitarbeiter im Allgemeinen und Verfassungsschutzmitarbeiter im Besonderen gefordert. Vor dem Hintergrund einer jüngst bekannt gewordenen Email eines Mitarbeiters des Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalts, sei die Notwendigkeit einer interkulturellen Öffnung der Verwaltung offensichtlich geworden, heißt es in der Erklärung. 

Bestätigten Medienberichten zufolge hatte der Mitarbeiter eine Email an eine Magedeburger Grundschulrektorin geschrieben und darin gefordert ein geplantes interkulturelles Fest abzusagen, da es „eine Gefahr für die Sicherheit der deutschen Familien“ darstellen würde. Als Begründung sprach der Verfassungsschutzmitarbeiter von einer Gefährdung durch Islamisten.
 

"Man wird ja wohl Israel noch kritisieren dürfen...?!" 

Amadeu Antonio Stiftung veröffentlicht Bröschüre zu israelbezogenem Antisemitismus 

Die Debatte um das Gedicht „Was gesagt werden muss“ von Günter Grass hat erneut verdeutlicht, wie sehr das Thema Israel und die Frage, wo Kritik aufhört und antisemitische Ressentiments anfangen, für hitzige Debatten sorgen. Vor diesem Hintergrund, den Entwicklungen im Nahostkonflikt und den Ergebnissen wissenschaftlicher Erhebungen wird deutlich, dass es im Interesse einer demokratischen (Diskussions-)Kultur, verstärkter Anstrengungen in der politischen Bildung bedarf. Es gilt, Orientierungswissen zur Unterscheidung von „israelbezogenem Antisemitismus“ und legitimer Kritik an Israel zu bieten.

Dabei muss es zum einen darum gehen, dafür zu sensibilisieren, dass es in aktuellen Debatten zunehmend Artikulationsformen von Antisemitismus gibt, die durch ihre Formulierung als „Kritik“ an israelischem Handeln vermeintliche Legitimität beanspruchen. Zum anderen muss der Verunsicherung begegnet werden, dass vermeintlich jede Kritik an Israel per se antisemitisch sei. Diesen Problemen nimmt sich eine neue Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung an.

Wettbewerb für Demokratie und Toleranz startet zum 12. Mal

Projekte und Initiativen zur Stärkung der Zivilgesellschaft werden ausgezeichnet 

Zum 12. Mal schreibt das Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) in diesem Jahr den Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ aus. Den Gewinnern winken Geldpreise im Wert von 2.000 bis 5.000 € und eine verstärkte Präsenz in der Öffentlichkeit. Damit unterstützt das von der Bundesregierung gegründete BfDT zivilgesellschaftliche Aktivitäten im Bereich der praktischen Demokratie- und Toleranzförderung. Demokratie bedeutet, sich in die eigenen Angelegenheiten im Land einzumischen; sie beginnt in der Familie, in der Schule, in der Freizeit. Wir wollen Einzelpersonen und Gruppen, die dort und anderswo das Grundgesetz auf kreative Weise mit Leben füllen, für ihr Engagement würdigen. Unter allen Einsendungen können maximal rund 80 Projekte prämiert werden. 

Neuerscheinung: „Jugendarbeit gegen Rechtsextremismus“  

Zentrale Aspekte einer Pädagogik in Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in einem Sammelband

Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA) und die Fachhochschule Koblenz haben gemeinsam einen praxisorientierten Sammelband zur Jugendarbeit gegen Rechtsextremismus erarbeitet. Im Ankündigungstext heißt es:

Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts kann als Jahrzehnt der „Normalisierung“ von Rechtsextremismus und einer ihn kritisierenden gesellschaftlichen Praxis bezeichnet werden. Dazu gehört die Einsicht, dass das Thema Rechtsextremismus dauerhaft auf der pädagogischen und politischen Agenda bleibt. Die Zeit scheint daher reif für ein Zwischenfazit, zumal durch das Bekanntwerden der NSU-Morde eine neue und vermutlich wiederum vorübergehende Welle der öffentlichen Aufmerksamkeit auf das Thema Rechtsextremismus gerichtet ist, die für Weichenstellungen in der Gesellschaft, aber auch in der Jugendarbeit genutzt werden kann.


 

 

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt