Neonazistische Provokationen und Bedrohungen bei Kundgebung des Netzwerks GELEBTE DEMOKRATIE am 08. Dezember in Roßlau

Mobiles Beratungsteam fordert angst- und störungsfreies Demonstrieren

Nach übereinstimmenden Aussagen von Kundgebungsteilnehmern und einem Gedächtnisprotokoll des versammlungsrechtlichen Anmelders kam es bei der Aktion ROSSLAU FÜR VIELFALT UND WELTOFFENHEIT (mehr dazu hier…) des Netzwerks GELEBTE DEMOKRATIE am 08. Dezember 2015 zu massiven Provokationen und Störungen durch militante Neonazis. Unter den Störern konnten u. a. der Dessauer Neonaziaktivist Alexander Weinert (mehr dazu hier…) sowie die Rechtsextremisten Sigmar Z. (mehr dazu hier…) und Robert Z. (mehr dazu hier…) identifiziert werden.

Demnach hätten sich gegen ca. 19:00 Uhr zunächst etwa 15 Nazis aus zwei Richtungen auf den vom Netzwerk GELEBTE DEMOKRATIE angemeldete Veranstaltungsraum begeben und sich in Kleingruppen strategisch rund um die zukünftige Flüchtlingsunterkunft in Roßlau verteilt. Im weiteren Verlauf, so die Angaben von Beobachter_innen, sei die Gruppe auf bis zu 25 Neonazis angewachsen. Dabei liefen die militanten Aktivisten immer wieder provozierend direkt durch die Teilnehmer der demokratischen Kundgebung. Später wurden von den Nazis einzelne Kundgebungsteilnehmer u. a. als „Hofnarr“ und „Kasper“ beleidigt. Außerdem skandierten die Rechtsextremisten lauthals die Parole „Ihr könnt nach Hause gehen“, die immer wieder auf rechtsextremen Aufmärschen zu hören ist. Zudem trugen die Neonazis ein islamfeindliches Transparent bei sich. Wenig später musste eine Sozialarbeiterin samt eines Flüchtlingskindes in ihrer Begleitung aus Befürchtungen vor einem Übergriff ins Objekt in der Waldstr. 15 geschleust und schließlich durch einen von den Nazis nicht einsehbaren Seiteneingang in Sicherheit gebracht werden.

Der versammlungsrechtliche Anmelder reagierte sofort und entschlossen nach dem Erscheinen der Neonazis und forderte den polizeilichen Einsatzleiter mit Verweis auf Paragraph 2 Art. 2 des Versammlungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt auf, die Neonazis von der Kundgebung des Netzwerks zu entfernen. Im VersammlG LSA § 2 Abs. 2 sind Regelungen dazu getroffen, dass bei öffentlichen Versammlungen jede Störungen zu unterbleiben hat, die die ordentliche Durchführung verhindert. Die Einsatzleitung wies diesen begründeten Einwand jedoch zurück und argumentierte stattdessen, dass es keine rechtliche Grundlage für eine polizeiliche Intervention gäbe, da die Rechtsextremisten auch nominelle Teilnehmer der Kundgebung sein könnten.

Für das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus eine fatale Fehleinschätzung und eine Rechtsauffassung, die nicht nachvollziehbar ist. Natürlich kam es zu erheblichen Störungen die schließlich dazu führten, dass der versammlungsrechtliche Anmelder die Kundgebung vorzeitig auflöste, auch und gerade um seiner Fürsorgepflicht für Leib und Gesundheit der Teilnehmer
nachzukommen. Schon die pure Anwesenheit von Neonazis bei einer Protestkundgebung gegen Rechtsextremismus ist ein erheblicher Grund zu intervenieren. Und wie der vorzeitige Abbruch deutlich zeigt, war auch unter Gesichtspunkten und Abwägungen der Gefahrenabwehr eine ordentliche Durchführung nicht mehr möglich. Die Polizei hätte gegen die rechtsextremen Störer also Platzverweise erteilen und diese auch exekutieren müssen. Zumindest hätte sie versuchen müssen, eine räumliche Trennung herbeizuführen – auch hier Fehlanzeige. Genau eine Woche zuvor, bei der Protestkundgebung des Netzwerks am 01. Dezember 2015 in Roßlau, ist genau dies passiert. Damals begaben sich Rechtsextremisten auf die Veranstaltung von GELEBTE DEMOKRATIE und wurden nach einem Hinweis vom versammlungsrechtlichen Anmelder von Beamten der Bereitschaftspolizei umgehend wieder von dieser ausgeschlossen.

Das MBT Anhalt, dass das Netzwerk GELEBTE DEMOKRATIE seit Jahren intensiv unterstützt und begleitet, wird sich zeitnah mit dem Bürgerbündnis zusammensetzen um versammlungsrechtliche und strategische Konsequenzen aus diesen Ereignissen zu ziehen.

„Ein angst- und störungsfreies Demonstrieren muss für die demokratische Stadtgesellschaft auch weiterhin und uneingeschränkt möglich sein. Niemand kann wollen, das Rechtsextremisten und Neonazis mit ihrer Strategie der Einschüchterung und Bedrohung am Ende auf der Straße erfolgreich sind.“, so Steffen Andersch vom Projekt GegenPart.

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt