Augen auf! Ausgabe März 2010

„Wir brauchen eine ehrliche und offene Auseinandersetzung mit unserer Stadtgeschichte und nicht das, was die Nazis hier machen.“



Gelungenes Bekenntnis für Demokratie und Weltoffenheit // 700 Menschen demonstrierten am 13. März 2010  mit vielfältigen Aktionen gegen brauen Ungeist in Dessau-Roßlau // Neonaziaufmarsch wird friedlich blockiert

Und Dessau-Roßlau bewegt sich doch! Mit dieser trotzigen Entgegnung an die Adresse der ewigen Zweifler und Nörgler kann die Reaktion nicht weniger Menschen beschrieben werden, die sich am Protest gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremisten beteiligten. Damit hat wohl auch das Netzwerk GELEBTE DEMOKRATIE, das zusammen mit der Stadtverwaltung, Parteien und Vereinen zur Aktion „Bunte Vielfalt statt brauner Ungeist“ aufgerufen hatte (gegenPart berichtete), seine Gesellenprüfung erfolgreich bestanden. Dafür sprechen auch die Tatsachen, dass lokale Unternehmen die Aktionen mit Spenden unterstützten, die Feuerwehr diesmal zum Löschen ideologischer Brände ausrückte und für wenige Tage ein entschlossenes Grundrauschen in der Stadt an Elbe und Mulde zu vernehmen war. Der engagierte Teil der hiesigen Bürgergesellschaft hat dabei durchaus Kreativität und Humor bewiesen.

Da wurden die Teletubbie-Kostüme aus dem letzten Jahr entstaubt (mehr dazu hier…), braune Schnittchen verteilt, Kehrmaschinen angeschmissen, Luftballons in den Himmel geschickt und die Dark-Rocker „Down Below“ auf die Bühne geholt. Aber ein mutiges - und zu mindestens für Dessau-Roßlau neues Element der Protestkultur - kam besonders gut an, sorgte aber gleichzeitig auch für Erstaunen und offene Münder. Fast 100 Menschen, darunter KommunalpolitikerInnen, Selbstständige und Kirchenleute, stellten sich den Nazis friedlich in den Weg und blockierten deren Marschroute gleich zweimal. Dieser Mut und Ausdruck zivilen Ungehorsams wird auch in den kommenden Jahren gefragt sein, haben die Neonazis doch bereits bis 2015 ihre „Trauermärsche“ in der Stadt angemeldet.

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LOKAL HANDELN FÜR DEMOKRATIE

Landeskonferenz am 22. April 2010 in Magdeburg

Eine demokratische Alltagskultur in der Gesellschaft ist der entscheidende Garant dafür, dass Rechtsextremismus in all seinen Facetten wirksam zurückgedrängt werden kann. Dieser Prozess ist aber kein Selbstläufer: Er muss professionell unterstützt und begleitet werden. Für diese professionelle Begleitung stehen in Sachsen-Anhalt zahlreiche zivilgesellschaftliche Träger und Netzwerke mit ihrem engagierten und mutigen Handeln. Mit der Umsetzung der Bundesprogramme KOMPETENT FÜR DEMOKRATIE und VIELFALT TUT GUT konnten in den letzten Jahren im Land verlässliche und erfolgreiche Projekte zur Stärkung demo-kratischer Strukturen etabliert werden.

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Mobile Opferberatung zieht Jahresbilanz 2009

111 rechte Angriffe in Sachsen-Anhalt // Zahlen seien lediglich ein Ausschnitt des tatsächlichen Ausmaßes rechter Gewalt im Land // Trotz Rückgang keine Entwarnung

Fast zeitgleich mit dem Magdeburger Innenministerium (mehr dazu hier...)  legte nun die Mobile Opferberatung des Vereins Miteinander zusammen mit der Beratungsstelle für Opfer rechter Straf- und Gewalttaten aus Dessau (mehr dazu hier...) ihre Statistik für das vergangene Jahr vor. Demnach stellten beide Beratungsprojekte im Land 2009 insgesamt 111 politisch rechts motivierte Angriffe fest, von denen mindestens 209 Menschen direkt betroffenen waren. Unter den registrierten Straftaten seien u. a. 96 Körperverletzungsdelikte und zwei Brandstiftungen.

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"Eine besondere Gefährdung geht dabei nach wie vor vom Rechtsextremismus aus"

rechtsextreme Straftaten leicht zurückgegangen // deutlicher Anstieg von Neonazikonzerten im Land // Minister spricht sich für Fortführung der Bundesprogramme gegen Rechts aus

Innenminister Holger Hövelmann (SPD) hat jüngst die aktuellen Zahlen für die politisch motivierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt vorgelegt. Demnach sind alle registrierten Delikte leicht um 1,8 % auf insgesamt 2184 zurückgegangen. Mit den von den Polizeibehörden vorläufig gemeldeten 1584 rechtsextrem motivierten Straftaten nimmt das Land im Bundesvergleich - auch wenn die Fallzahlen hier um 10% abgenommen haben - wieder ein Spitzenplatz ein. Hövelmann betont, der polizeilichen Bekämpfung des Rechtsextremismus auch deshalb zukünftig einen hohen Stellenwert einräumen zu wollen. Verschiedene Interpretationen und Statistiken liegen indes im Bereich rechten Gewalttaten auf dem Tisch. Während das Innenministerium einen "signifikanten Rückgang" um 31 % auf 83 Fälle verkündet, melden die Opferberatungsprojekte einen wesentlich geringeren Rückgang (mehr dazu hier...).

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Didaktisches Material zum Film "Oury Jalloh" erschienen

Einsatz ab Klassenstufe 10 möglich

Das Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszentrum (EPIZ) hat im Rahmen seines Menschenrechtsbildungsprojektes "Dialogestan" neue Bildungsmaterialien veröffentlicht.

Zu dem Paket gehört so der semidokumentarische Film “Oury Jalloh” in dem der junge Regisseur Simon Paetau die prekäre Lebenssituation von AsylbewerberInnen in der BRD aufgr eift und dafür im Jahr 2008 den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis in der Kategorie “Amateur” erhielt. Er erzählt den diskriminierenden Lebensalltag von Oury Jalloh, einem Asylbewerber aus dem Bürgerkriegsland Sierra Leone, der 2005 unter bis heute ungeklärten Umständen in einer Polizeizelle in Dessau verbrannte (mehr dazu hier...). Vor wenigen Wochen hob der Bundesgerichtshof ein erstes Urteil in diesem Fall auf und ordnete an, den Prozess neu aufzurollen (mehr dazu hier...).

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Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt