„Sowas hat hier in Deutschland und in Dessau nicht rumzulaufen.“


erster Verhandlungstag am Amtsgericht Dessau-Roßlau // drei Jugendliche wegen mehrere mutmaßlich rechtsextrem motivierte Gewalttaten vor Gericht

Am 13.November 2008 begann die Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Dessau-Roßlau gegen drei Angeklagte. In fünf Anklagepunkten werden den 16- bis 20-Jährigen mehrere Körperverletzungen, Bedrohungen sowie Beleidigungen gegenüber alternativen Jugendlichen zur Last gelegt. Mehrere bekannte Rechtsextremisten der hiesigen Kameradschaftsszene begleiten den Prozess im Publikum zur moralischen Unterstützung der Angeklagten. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau sollen Robert Z., Dennis L. und  Kevin A., in wechselnder Täterschaft, die Straftaten zwischen August 2007 und Mai diesen Jahres verübt haben.


Angeklagter Dennis L. (Bildmitte) auf der Neonazidemonstratin am 08.März 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Einen Jugendlichen sollen sie laut Anklage aufgrund eines „Gegen Nazis-Buttons“ mehrfach mit Fäusten geschlagen und anschließend auf ihn eingetreten haben. Dieser erlitt dadurch „diverse Riss- und Platzwunden in und am Mund“, so die Staatsanwältin. Am Rande des Karnevalsumzug in Dessau-Roßlau ist einem Jugendlichen wegen seines T-Shirt-Aufdruckes einer alternativen Bekleidungsmarke ebenfalls mehrfach ins Gesicht geschlagen und anschließend auf den am Boden Liegenden eingetreten worden, sodass dem Geschädigten ein Schneidezahn abbrach (mehr dazu hier...). In einem weiterem Fall sei ein Jugendlicher von zwei der Angeklagten gefragt worden, ob er eine „Zecke“ sei und ihm gedroht: „diese gehörten nicht nach Dessau“. Anschließend hätte dieser eine Kopfnuss erhalten und einer der Täter hätte versucht den Angesprochenen zu treten, so die Vertreterin der Anklagebehörde (mehr dazu hier...).


Angeklagter Robert Z. (Sonnenbrille) auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Fast ein Dutzend Rechtsextremisten sitzen auf den Publikumsplätzen des kleinen Verhandlungssaals im Amtsgericht, die Mehrzahl von ihnen sind regelmäßige Teilnehmer regionaler und überregionaler Neonaziaufmärsche. Auch die Angeklagten Dennis L. und Robert Z. sowie ein Teil der geladenen Zeugen waren in Vergangenheit auf Veranstaltungen der extrem rechten Szene präsent.

„Ich kann mich halt noch gut daran erinnern, dass ich das nicht gewesen bin und die anderen Angeklagten auch nicht.“

Zunächst kommt ein Fall vom 09. August 2007 zur Sprache, bei dem der Angeklagte Kevin A. eine Person geschlagen haben soll. Der vermeintlich Geschädigte ist Martin R.*, der derzeitige Freund der Ex-Freundin A.`s,  er solle die Freundin angeblich geschlagen haben. Kevin A. sei an diesem Abend mit den Mitangeklagten und weiteren teils als rechtsextrem bekannten, Personen unterwegs gewesen. Für alle sei klar gewesen, A. „klärt das alleine“. Er will sich zu der Zeit im Billiardcafè „Alpha“ aufgehalten haben, wo ihn die Gruppe später abgeholt haben soll, dort könne seine Anwesenheit an diesem Abend jedoch niemand bestätigen.  „Ich kann mich halt noch gut daran erinnern, dass ich das nicht gewesen bin und die anderen Angeklagten auch nicht.“, antwortet der Angeklagte auf eine entsprechende Frage der vorsitzenden Richterin Haferland. „Wenn ich den geschlagen hätte, würde ich das genau wissen.“, führt Kevin A. weiter zu den Anschuldigungen aus.


Angeklagter Robert Z. (Bildmitte, Sonnenbrille) auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...), links und rechts von ihm, zwei der anwesenden Prozessbesucher

„Natürlich sagen Sie aus.“

Robert Z. weigert sich zunächst zu dem Sachverhalt auszusagen. „Natürlich sagen Sie aus.“, fährt ihn sein Verteidiger nach einem kurzem Wortwechsel an. Das wirkte offensichtlich, Z. sagt aus. Der geladene Zeuge Romano F., ein Bekannter der Clique, solle hierbei eine relevante Rolle gespielt haben. Dieser habe sich zunächst bei der Clique mit aufgehalten, später aber entfernt, mit der Ankündigung dort hin zu wollen, wo der spätere Geschädigte Martin R.* sich aufgehalten hätte.

„Es wurde nur gesagt, dass wir angeblich nicht sagen sollen, dass er wieder da ist, weil er von der Polizei gesucht wurde.“

Im Verlauf des Abends wurden die Personalien von Robert Z. und seinen Freunden auf der Straße  von der Polizei kontrolliert. Die Polizei sei aufgrund der Anzeige einer Körperverletzung dort unterwegs gewesen. Romano F., der den Geschädigten R.* aufsuchen wollte, habe sich in diesem Moment oberkörperfrei ganz in der Nähe auf einer Hauseingangstreppe aufgehalten. „Es wurde nur gesagt, dass wir angeblich nicht sagen sollen, dass er wieder da ist, weil er von der Polizei gesucht wurde.“, gibt Robert Z. zu Protokoll. Die Polizeibeamten hätten die Jugendlichen auch nicht auf F. angesprochen. Romano F. ist nicht ladungsfähig, weil keine aktuelle Adresse von ihm bekannt sei.


Robert Z. und Zeuge Siegmar Z. beim NPD-Sommerfest am 05.Juli 2008 in Sangerhausen (mehr dazu hier...)

„Seine Sachen waren zerrissen und eine dicke Lippe hat er gehabt.“

Der folgende Zeuge Tim S.* sagt aus, er habe an diesem Abend „gehört, dass Martin (Martin R., Anm. d. Red.) Ärger hat.“ Daraufhin sei er raus und habe nach dem Geschädigten R.* gesucht, um ihn zu sich und andere Bekannte in die Wohnung zu holen. Unten vor der Haustür hätten mehrere Täter um Martin R.* herumgestanden. „Seine Sachen waren zerrissen und eine dicke Lippe hat er gehabt.“, gibt S.* zu Protokoll. Der Geschädigte R.* habe zu S.* im Nachhinein wohl keine konkreten Aussagen zu diesem Sachverhalt gemacht, ferner wisse der Zeuge auch nicht, ob R.* die Täter heute noch wiedererkennen würde. „Ich habe keine Ahnung.“, antwortet der Zeuge hinsichtlich seiner eigenen Erinnerung an die Täter. Ob der Zeuge sich angesichts der anwesenden Rechtsextremen im Publikum oder in seinem Wohnumfeld eingeschüchtert fühle, wird von keinem der Prozessbeteiligten hinterfragt.


Robert Z. (2.v.l.) und Prozessbeobachter Thomas L. (3.v.l.) und Marcel S. (1.v.re.) am Rande der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Der Geschädigte Martin R.* und ein weiterer Zeuge aus dessen Bekanntenkreis sind nicht gemäß Ladung erschienen und eine polizeiliche Vorführung sei nicht möglich.

Als nächste Zeugin betritt die 17-Jährige Diana G. den Zeugenstand. An jenem Abend  habe sie sich mit Tobias F. auf einem Hinterhof befunden. Sodann wären vier bis fünf Personen mit „nacktem“ Oberkörper an ihr vorbeigelaufen. Sie und Tobias F. hätten umgehend den Hinterhof in Richtung der Vorbeilaufenden verlassen. Diana D. habe dann den Martin R.* auf einer Treppe sitzend getroffen und dieser habe ihr berichtet, dass er gerade geschlagen wurde. Dem Opfer habe D. ein Taschentuch gereicht. Zwischenzeitlich wären auch Tobias F. und Tim S.* am Tatort eingetroffen und hätten die  Betreuung des Geschädigten Martin R.* übernommen.


Robert Z. (2.v.li.) und Zeuge Siegmar Z. (3.v.re.) auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Dennis L. habe Sie am Tatabend eindeutig als einen der Angreifer erkannt, so Diana G. auf eine entsprechende Frage der Richterin Haferland. An einen Wortwechsel mit Romano F. unmittelbar nach der Tat könne sich die 17-Jährige heute nicht mehr erinnern, so die Befragte nach einem entsprechenden Aktenvorhalt von Richterin Haferland. Weiterhin gibt Diana G. zu Protokoll, dass sie ausschließen könne, dass die Angeklagten Kevin A. und Robert Z. an der Gewalttat gegen Martin R.* beteiligt gewesen wären.


Robert Z. (2.v.re.) und Zeuge Siegmar Z. (1.v.re.) beim NPD-Sommerfest (mehr dazu hier...) am Verkaufsstand des Neonaziladens "Nordic Flame" (mehr dazu hier...) am 05.Juli 2008 in Sangerhausen

Nun nimmt Tobias F. im Zeugenstand Platz. Übereinstimmend mit der Zeugin Diana G. gibt der Befragte zu Protokoll, dass er sich an jenem Abend auf einem Hinterhof befunden habe und fünf Personen mit „nacktem“ Oberkörper an ihnen vorbeigelaufen sein sollen. F. habe umgehend den Hinterhof in Richtung der Vorbeilaufenden verlassen. Den Geschädigten Martin R.* habe man auf der Treppe sitzende getroffen. Als einen der Angreifer habe der Zeuge den Romano F. erkannt, als dieser kurz nach dem Übergriff auf Martin R.* weg gerannt sein soll und sich kurz umgedreht haben soll. Ferner gibt F. an, ein Michael Peters habe die Polizei gerufen. Dem Verletzten Martin R.* habe man zur Wohnung von Tim S.* gebracht. Heute könne sich Tobias F. nicht mehr daran erinnern, dass die Angreifer vor der Wohnung von Tim S.* aufgetaucht sein sollen.


Angeklagter Dennis L. (1.v.re.), Zeuge Siegmar Z. (gestreift) und Prozessbeobachter Thomas L. (2.v.li.) auf der Neonazidemonstration am 08.März 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Der folgende Zeuge Kevin Sch. macht zur Sache keine Aussagen, weil er sich sonst selbst einer  Straftat bezichtigen würde. Der Kriminalhauptmeister Peter K. gibt auf eine entsprechende Frage hin an, dass er die Aussagen immer so protokollieren würde, wie die Befragten aussagen würden. An die einzelnen Vernehmungen könne er sich heute nicht mehr erinnern.   


Robert Z. und Zeuge Siegmar Z. auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

„Die Postzustellungsurkunde spricht ein anderes Bild.“

Nach der Mittagspause offeriert die vorsitzende Richterin Haferland, dass auch der Zeuge Emanuel Str. nicht vorgeführt werden könne, dessen Mutter habe gesagt, er hätte die Zeugenvorladung nicht erhalten. „Die Postzustellungsurkunde spricht ein anderes Bild.“, so die Vorsitzende dazu. Auch er bekommt ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 Euro auferlegt und wird zum nächsten Verhandlungstermin polizeilich vorgeführt. Rechtsanwalt Ränsch beantragt für sich und seinen Mandanten, den Angeklagten Kevin A., eine Beurlaubung, da die weiteren Punkte, die heute Thema sein sollen, diesen nicht mehr betreffen. Beide verlassen den Verhandlungssaal.


am Transparent: Zeuge Thomas G. (1.v.li.) und angeklagter Robert Z. auf der Neonazidemonstration gegen Innenminister Holger Hövelmann am 14.Juni 2008 in Zerbst (mehr dazu hier...)

„Mir doch egal.“

Der Angeklagte Dennis L. soll am Rande des Karnevalsumzuges in der Zerbster Straße  Stefan T.* und den anderen Anwesenden Andre D.* geschlagen haben. „Nein“ antwortet L. auf die Frage der Richterin: „Haben Sie an diesem Tag jemanden geschlagen?“ Er habe sich an diesem konkreten Ort gar nicht aufgehalten, sondern sei immer mit seinen Freunden, wie zum Beispiel den Mitangeklagten Z. oder dessen Vater, den geladenen Zeugen Siegmar Z., unterwegs gewesen. „Mir doch egal.“, so Dennis L. auf die Vorhalte der Staatsanwältin, dass sich die Angaben der Zeugen nicht mit seinen decken würden.


am Transparent: Zeuge Thomas G. (1.v.li.) und angeklagter Robert Z. (1.v.re.) auf der Neonazidemonstration gegen Innenminister Holger Hövelmann am 14.Juni 2008 in Zerbst (mehr dazu hier...)

„Ich gebe auch zu, dass ich ihm eine geklatscht habe.“

„Ich gebe auch zu, dass ich ihm eine geklatscht habe.“, „Ich bin lediglich dazwischen gegangen“, als Kevin Sch., einer aus der rechtsextremen Clique, mit dem alternativem Jugendlichen Andre D.* eine Auseinandersetzung gehabt habe, gibt Robert Z. zu Protokoll. Warum er dies getan habe? - „Kann ich nicht sagen.“, so Z. weiter. Ferner will er nur mit der flachen Hand zugeschlagen haben und anschließend sei von seiner Seite her nichts weiter passiert, kurz darauf sei auch die Polizei vor Ort gewesen. „Ja na klar.“, antwortet Robert Z. auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, ob er in seiner Aussage bei der Polizei demzufolge gelogen habe. „Ich weiss es nicht, ob der Sch. (vorgeladener Zeuge Kevin Sch., Anm. d. Red.) den getreten hat.“, so Z., er habe sich selbst nur zwei bis drei Minuten am Ort des Geschehens aufgehalten.


Angeklagter Dennis L. (1.v.re.) und Prozessbesucher Steffen M. (1.v.li.) auf der Neonazidemonstration am 08.März 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

„Ja das gebe ich zu, das war ich.“

„Ja das gebe ich zu, das war ich.“, so der Angeklagte Dennis L. auf einen Sachverhalt vom 26. Oktober angesprochen, wo er einem Jugendlichen einen Stoß mit dem eigenen Kopf gegen dessen Kopf verpasst haben soll. Der Geschädigte soll irgendetwas gemacht haben, was Dennis L. provoziert hätte, was das gewesen sei, daran könne sich dieser aber nicht erinnern. „Nein, das stimmt nicht.“, entgegnet er darauf, ob er den Geschädigten zuvor gefragt habe, ob dieser eine „Zecke“ sei. Er sei mit dem Mitangeklagten Z. aus einer Gruppe heraus über die Straße gegangen, habe dem Geschädigten einen Kopfstoß verpasst und sei wieder zur anderen Straßenseite zurück. Lediglich „Verpiss Dich!“ will er noch gesagt haben.

„einfach nur so“

Robert Z. hätte sich hier in keiner Weise beteiligt, zudem sei dies keine geplante Aktion gewesen, „einfach nur so“, gibt Dennis L. zu Protokoll. Der Befragte beteuert nochmals, dass außer dem Kopfstoß nichts weiter geschehen sei, sie hätten den Geschädigten weder geschlagen noch getreten. Wie dieser Prellungen am Oberkörper und andere Verletzungen davon getragen habe, könne sich keiner der Angeklagten erklären. Warum er nicht dazwischen gegangen sei, wie er es bei der anderen Ausseinandersetzung getan haben will, fragt die Staatsanwältin Robert Z.; „Kann ich nicht sagen.“, antwortet der Angeklagte. Er will bereits 16.00 Uhr an diesem Nachmittag mit Dennis L. zusammen mehr als eine Flasche Pfeffi getrunken haben und sei „selbst nicht mehr so ganz auf der Höhe gewesen.“


Zeuge Siegmar Z. (1.v.li.) und Angeklagter Robert Z. (3.v.li.) auf dem NPD-Sommerfest am 05.Juli 2008 in Sangerhausen (mehr dazu hier...)

„ob ich mal richtig Randale haben möchte.“

 Stefan T.* betritt den Zeugenstand. Der Angeklagte Dennis L. habe ihn am 03.Februar 2008 am Rande des Karnevalsumzuges auf seinen Pullover hin angesprochen, auf diesem stand der Schriftzug „Randale“. L. hätte zu ihm gemeint, „ob ich mal richtig Randale haben möchte.“ Später sei L. mit anderen wieder zu ihm zurück gekommen und habe ihn in die Seitengasse der Zerbster Straße gezogen. Zunächst hätte L. mit ihm gesprochen, dann auf ihn eingeschlagen, als T.* am Boden lag habe L. auf diesen eingetreten, ihn angebrüllt und weiter auf ihn eingetreten. Der Geschädigte kannte den Täter Dennis L. vor diesem Angriff überhaupt nicht, erst durch die Lichtbildvorlage bei der Polizei sei ihm dieser bekannt geworden. Heute ist er sich 100%ig sicher, dass es der Angeklagte Dennis L. war, der auf ihn eingeprügelt hat.


am Transparent: Zeuge Thomas G. (2.v.re.) und angeklagter Robert Z. (1.v.re.) auf der Neonazidemonstration gegen Innenminister Holger Hövelmann am 14.Juni 2008 in Zerbst (mehr dazu hier...)

Andre D.*, einer der alternativen Jugendlichen, mit denen der Geschädigte T.* an diesem Tag unterwegs war, beobachtete die Szenerie und fuhr daraufhin mit seinem Fahrrad hinterher. Als andere Angreifer ihn auf dem Fahrrad entdeckten, wurde er von ihnen gestoppt und musst unfreiwillig absteigen und wurde sogleich auch direkt ins Gesicht geschlagen und getreten, nachdem er am Boden lag.

„Lass ihn doch mal aufstehen, das ist unfair.“

„Es war schon stärker“, so T.* zur Intensität der Schläge, die L. ihm versetzt habe, zudem habe einer aus der Angreifergruppe zu L. gemeint: „Lass ihn doch mal aufstehen, das ist unfair.“ Dennis L. habe ihn daraufhin gleich nochmal ins Gesicht getreten. Eine Schwellung der Nase sowie einen abgebrochenen Schneidezahn habe T.* davon getragen und mehrere Tage Schmerzen gehabt. „Weil ich keinen Bock hatte, dass die anderen die da waren dazu kommen.“, entgegnet der Geschädigte auf eine Frage des Verteidigers des Angreifers Dennis L., Rechtsanwalt Daniel Großmann, wieso er sich nicht gewehrt habe.

„Da ist noch einer von denen.“

Der 16-jährige Schüler Andre D.* ist nun im Zeugenstand. Er erinnert sich, dass es zwei männliche Personen gewesen seien, die  Stefan T.* mit in die Seitengasse genommen hätten. Als er selbst mit dem Rad dort auftauchte, hätten Angreifer gemeint: „Da ist noch einer von denen.“ Nachdem er dann unsanft vom Rad geholt worden ist, „wurde ich gefragt, ob ich was gegen Nazis habe.“, so der Zeuge. Er trug zu diesem Zeitpunkt einen Gegen Nazis-Button, der den drei Angreifern auffiel. Anschließend ist er mehrmals mit Fäusten ins Gesicht geschlagen und auch in den Bauch getreten worden. Der heute nicht erschienene Zeuge Steven Sch. sei es gewesen, der ihn am meisten geschlagen habe.


Angeklagter Dennis L. (1.v.re.) sowie Prozessbesucher Thaomas L. (Transparent, Bildmitte) bei der Neonazidemonstration am 08.März 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

„Was das sollte, dass wir die Leute verpfiffen haben.“

Auch er kannte die Täter zuvor nicht, konnte der später anwesenden Polizei aber einen der Täter zeigen, als dieser vor Ort vorbei lief. Die Polizeibeamten hätten diesen daraufhin angesprochen.  Später, so der Geschädigte D.*, sei nochmal eine Gruppe zu ihnen gekommen und habe sie angesprochen: „Was das sollte, dass wir die Leute verpfiffen haben.“ Nachdem die Gruppe zum zweiten Mal im Karnevalstumult bei ihnen auftauchte hätten sie sich selbst von dort entfernt. Weitere Täter konnten später auf Fotos identifiziert werden.

„Dazwischen gegangen ist, soweit ich mich erinnern kann, keiner.“

Verteidiger des Angeklagten L., Daniel Großmann, hält dem Zeugen vor, dass der Angeklagte Z. ausgesagt habe, dass er die beiden nur hätte trennen wollen. Der Befragte dazu: „Dazwischen gegangen ist, soweit ich mich erinnern kann, keiner.“


Robert Z.mit Fahne hinter dem Transparent auf der Neonazidemonstration am 20.September 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...), zwei der Prozessbesucher (1.u.2.v.li. am Transparent)

Marco H.* ist nun gleich wegen drei der angeklagten Vorfälle als Zeuge vorgeladen. Er ist ein Bekannter der Geschädigten und hat sich am 03.Februar 2008 teilweise mit ihnen zusammen beim Karnevalsumzug in der Zerbster Straße aufgehalten. Zum Zeitpunkt der Körperverletzungen war er allerdings gerade nicht anwesend, deshalb könne er zu diesen Tätern nichts aussagen. Die benannten Täter kennt er allerdings bereits aus der Vergangenheit, aus Verfahren und Anzeigen die ihn betrafen. Die Angeklagten hätte ihn bereits mehrmals angegriffen, bedroht und beleidigt.

„Sowas hat hier in Deutschland und in Dessau nicht rumzulaufen.“

So zum Beispiel am 26. Oktober 2007. Er sei in der Stadt unterwegs gewesen, als plötzlich jemand von der anderen Straßenseite gepfiffen habe. „Bleib mal stehen.“, sei er aus einer Gruppe heraus aufgefordert worden, dann seien zwei Personen zum ihm über die Straße gekommen und hätten ihn angefahren, wie er denn rumlaufe. „Sowas hat hier in Deutschland und in Dessau nicht rumzulaufen.“, sprachen ihn die Beiden an, den sogleich folgenden Tritt des Angeklagten Dennis L. konnte er zunächst abwehren. Der Mitangeklagte Robert Z. habe ihn dann mit der Faust gegen die Schläfe geschlagen, erinnert sich der Zeuge noch ganz genau. Raus gehalten, wie es die beiden Täter zuvor dargestellt haben, hätte Robert Z. sich definitiv nicht. Auf den Kopfstoß, den Dennis L. selbst eingeräumt hatte, spricht die vorsitzende Richterin den Zeugen an, den kann er auch bestätigen.

„Und der Grund war ihr Aussehen?“ / „Richtig“

„Und der Grund war ihr Aussehen?“ wird Marco H.* gefragt, „Richtig“ so der Zeuge daraufhin. Auf eine entsprechende Frage des Rechtsanwaltes des Angeklagten Robert Z. bestätigt der Zeuge, dass die Initiative für diesen Angriff von Dennis L. ausging.

„Bleib stehen du Fotze, jetzt kriegst du eine auf die Fresse.“

Ein Nachspiel dieses Angriffes und der resultierten Anzeige des Geschädigten folgte am 28.Dezember 2007. Eine Gruppe von sechs oder sieben Personen hätten Marco H.* gesucht. „Bleib stehen du Fotze, jetzt kriegst du eine auf die Fresse.“ hätten sie ihm hinterher gerufen, nur durch Flucht konnte er sich  dieser Situation entziehen. Wer aus dieser Gruppe ihm konkret hinterhergerufen hat könne er heute nicht sagen.


ZeugeThomas G. und Angeklagter Robert Z. am Transparent auf der Neonazidemonstration gegen Innneminister Holger Hövelmann am 14.Juni 2008 in Zerbst (mehr dazu hier...)

Der 17-jährige Steven Sch. ist als nächster Zeuge im Saal. Er warte gegenwärtig noch auf seine eigene Verhandlung wegen der Angriffe am Rande des Karnevalsumzuges vom 03.Februar 2008, deshalb stehe ihm heute ein Aussageverweigerungsrecht zu. Von diesem will er auch Gebrauch machen. Zu den Angriffen auf Martin R.* könne er allerdings aussagen, sofern der zuvor beurlaubte Kevin A. mit seinem Rechtsbeistand anwesend sei. Steven Sch. soll zur nächsten Hauptverhandlung nochmals geladen werden.

„Aus dem Haus sind wir zusammen raus gegangen.“

Der 51-jährige Siegmar Z. ist als nächster Zeuge geladen. Da er der Vater des Angeklagten Robert Z. ist, hat er ein Aussageverweigerungsrecht. Er will aber trotzdem aussagen. Er sei mit seinem Sohn zusammen zum Karnevalsumzug in die Zerbster Straße gegangen. „Aus dem Haus sind wir zusammen raus gegangen.“, gibt der 51-Jährige zu Protokoll. Robert Z. sei dann gegen 14.00 Uhr wieder nach Hause gegangen und nachdem Siegmar Z. ihn telefonisch animierte, wieder zur Zerbster Straße zu kommen, habe sich der Sohn wieder auf den Weg gemacht. Dort sei er aber gar nicht angekommen, sondern gleich auf dem Weg an die Kontrolle der Polizei geraten, wie der Zeuge heute angibt. Siegmar Z. selbst habe die meiste Zeit zusammen mit dem Mitangeklagten Dennis L. in der Nähe des Umzugs verbracht, den kenne er bereits vom Fußball.

„Der hat nichts gemacht.“ / „Dann nehme ich den Robert mit.“

Siegmar Z. führt aus, dass sie sich als Gruppe von dem Jugendlichen, der mit seinem „Randale“-T-shirt mehrmals an ihnen vorbei lief, provoziert gefühlt hätten. Alle aus der etwa 15 bis 20 Personen starken Gruppe hätten sich über diesen T-shirt-Aufdruck aufgeregt. „Wir haben gesagt: Was soll das hier?“, so Siegmar Z., aber hinterher sei niemand von ihnen gegangen. Ferner ergänzt er: „Das weiss ich ganz genau“, dass der Angeklagte Dennis L. sich die ganze Zeit bei ihm aufgehalten habe. Als er erfahren hatte, dass sein Sohn auf der anderen Seite des Straßenzuges von der Polizei kontrolliert werde, sei er dort hingegangen. Eine Frau habe zu ihm gesagt: „Der (Robert Z., Anm. d. Red.) hat nichts gemacht.“ „Dann nehme ich den Robert mit.“, habe er darauf reagiert und sich mit diesem dann auch entfernt. Die geladenen Zeugen Stephan J. und Thomas G. kennt der Zeuge auch vom Sehen, wie er sagt.

„Das sind jetzt wieder Fragen – Ich weiss es nicht.“

Stephan J. erscheint ebenfalls nicht ladungsgemäß und erhält ein, wie bereits manch andere an diesem Tag, ein Ordnungsgeld auferlegt. Als nächstes betritt der 19-jährige Thomas G. den Zeugenstand. „Wir haben uns gesehen, aber mehr kann ich dazu nicht sagen.“, gibt der Zeuge auf die Frage hin zu Protokoll, ob er mit den Angeklagten Robert Z. und Dennis L. an diesem Tag zusammen unterwegs gewesen sei. Von einer Schlägerei an diesem Tag wisse er nichts. Ebenfalls hinsichtlich der Frage nach einer „Anmache“ wegen eines T-shirt-Aufdrucks, antwortet der Zeuge: „Das sind jetzt wieder Fragen – Ich weiss es nicht.“


Angeklagter Dennis L. (2.v.re.) und Prozessbesucher Thomas L. (1.v.re.) sowie Steffen M. (1.v.li.) auf der Neonazidemonstrtation am 08.März 2008 in Dessau-Roßlau (mehr dazu hier...)

Auf die Aktenvorhalte, dass er zusammen mit Stephan J. und Robert Z. unterwegs gewesen sein soll, als die Polizei sie kontrolliert habe, sowie, dass Geschädigte in Anwesenheit der Polizei auf mutmaßliche Täter gedeutet hätten, reagiert Thomas G. mit Unwissenheit und verweist darauf, dass er an diesem Tage alkoholisiert gewesen sei.

Für den zweiten Verhandlungstag, Donnerstag, den 27. November 2008, 8.30 Uhr, sollen weitere Zeugen gehört werden sowie mehrere Zeugen, die heute nicht erschienen sind, neu geladen, teilweise polizeilich vorgeführt werden.

*Namen geändert



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Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt