20. Oktober 2008 / Wittenberg

V
or dem Amtsgericht Wittenberg hat am 20. Oktober 2008 die Hauptverhandlung gegen den 51jährigen Polizisten Lothar K. begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, in seiner Funktion als Diensthabender des Revierkommissariats im Januar diesen Jahres (gegenPart berichtete...) ein rechtsextremes Delikt nicht konsequent und vorschriftsmäßig verfolgt zu haben.

Hintergrund des Verfahrens wegen Strafvereitelung im Amt ist eine rechtsextreme Ereignislage in Gräfenhainichen. Am Neujahrsmorgen hatten Bürger die Polizei darüber verständigt, dass aus der Wohnung des stadtbekannten Rechtsextremisten Henry B. (mehr dazu hier...) u. a. die nationalsozialistische Parole „Sieg Heil“ und vermutlich rechtsextreme Musik zu vernehmen gewesen sei. Ein Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost bestätigt damals auf Anfrage, dass Beamten wenige Minuten später vor Ort gewesen seien. Da sie im Umfeld jedoch keine Wahrnehmungen haben machen können, hätten sie die fragliche Wohnung nicht betreten.

Lothar K. habe es womöglich „absichtlich“ unterlassen, so die Staatsanwältin in der Verlesung der Anklageschrift, die ihm unterstellten Streifenbeamten über den politischen Hintergrund der Bürgerbeschwerde in Kenntnis zu setzten und sie entsprechend zu instruieren. Zu prüfen sei nun, ob der Beamte dadurch „wissentlich verhindert“ habe, dass dieses nach Paragraph 86 a Strafgesetzbuch (Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen) relevante Delikt adäquat verfolgt werden konnte.

Der Prozessauftakt war nach 20minütige Verhandlung bereits schon wieder unterbrochen, da der Hauptbelastungszeuge nicht vor Gericht erschien. Dieser hatte angegeben, überraschend ein neues Arbeitsverhältnis angetreten zu haben. Das muss er nun glaubwürdig nachweisen, sonst droht ihm ein Ordnungsgeld. Zudem hatte der Verteidiger des Angeklagten eine Vertagung beantragt, da ihm noch keine vollumfängliche Akteneinsicht gewährt worden sei.

Das Gericht und die Staatsanwaltschaft schlossen sich diesem Antrag an. Die Verhandlung wurde am 03. November 2008 fortgesetzt (mehr dazu hier...).

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt