Augen auf! Ausgabe Mai 2010

Alberto Adriano - 10 Jahre danach

Gedenkveranstaltung, Fachtagung und Benefizkonzert in Dessau-Roßlau

Am 11. Juni 2000 erschütterte ein Verbrechen die gesamte Republik und sorgte von New York bis Moskau, von Melbourne bis London für Schlagzeilen: Neonazis schlugen und traten im Dessauer Stadtpark so brutal auf den Familienvater Alberto Adriano ein, dass er wenige Tage später seinen Verletzungen erlag (mehr dazu hier...). Die Ermordung des ehemaligen Vertragsarbeiters aus Mosambik löste erstmals eine ernsthafte und bundesweit geführte Debatte darüber aus, wie rechtsextreme Gewalt wirksam bekämpft werden kann. Im Zuge des proklamierten Aufstands der Anständigen gingen zahlreiche Aktionsprogramme für Demokratie und gegen Rechtsextremismus an den Start.  Zehn Jahre danach haben sich zahlreiche Vereine und Initiativen der Stadt zusammengeschlossen, um an die schändliche Tat von damals zu erinnern. Neben dem Gedenken soll auf einer Fachtagung aber auch kontrovers darüber gesprochen werden, was sich bei der öffentlichen Auseinandersetzung und Sensibilisierung im Umgang mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus nun wirklich geändert hat. Ein Benefizkonzert soll dabei nicht nur das jüngere Publikum ansprechen, sondern auch der Familie Adriano zu Gute kommen.

weiterlesen...


Gedenkstätte KZ Lichtenburg

Gedenkveranstaltung zum 65. Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai 2010 // Film „Nicht wiedergekommen“ des Alternativen Jugendzentrums Dessau wird gezeigt

Mit einer Gedenkveranstaltung erinnert die Gedenkstätte KZ Lichtenburg (mehr dazu hier...) im sachsen-anhaltinischen Prettin (Landkreis Wittenberg) am 08. Mai 2010 an die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 65 Jahren.   

In diesem Rahmen wird der Film „Nicht wiedergekommen“ von Jana Müller ( Alternatives Jugendzentrum e.V. Dessau) gezeigt. Er beleuchtet den Völkermord an einer halben Millionen Sinti und Roma, die von den Nazis ermordet wurden, an Hand des Schicksals der Korbmacherfamilie Franz. Von den 27 Angehörigen der Familie Franz, deren Heimat bis zum Beginn des Völkermordes Magdeburg und der Fläming waren, überlebten lediglich vier Personen. Die Orte, an denen Familienmitglieder litten und starben, stehen für unvorstellbares Leid:  Magdeburg-Holzweg, Sachsenhausen, Lichtenburg, Ravensbrück, Mauthausen, Dachau, Neuengamme, Bernburg, Buchenwald, Auschwitz-Birkenau, Mittelbau-Dora, Bergen-Belsen. Wald-Frieda Weiss, geborene Franz, erinnert sich in der Dokumentation schmerzlich an den Verlust ihrer Mutter, mit der sie gemeinsam viele Jahre in den Konzentrationslagern Lichtenburg und Ravensbrück litt, bis Franziska Franz in der Bernburger Gaskammer ermordet wurde, sowie an den geliebten Vater Gustav Franz, der im Konzentrationslager Mauthausen an den Folgen von Misshandlungen starb.

 weiterlesen...


„Kommt her ihr Scheiß Antifa-Schweine! Demnächst seid ihr tot!“

Gerichtsverhandlung um Angriff auf alternatives Pärchen in Bitterfeld // drei Angeklagte zu zehn Monate Haft auf Bewährung verurteilt // mangelhafte Polizeiarbeit erschwert Wahrheitsfindung

Am Amtsgericht Bitterfeld urteilte der Vorsitzende Richter Grätz am 04. Mai 2010 nach fünf Verhandlungstagen gegen drei Angeklagte wegen des Angriffs auf ein alternatives junges Paar am 06. September 2008 vor einem Bitterfelder Lokal (mehr dazu hier…). Nachdem sich in den Morgenstunden im Lokal ein Streit zwischen dem Angeklagten Jens B. (29) und dem späteren Geschädigten (28) aufgrund eines rechtsextremen T-Shirt-Aufdruckes entfachte, warteten wenige Minuten später der Täter mit Unterstützung vor dem Lokal. „Kommt her ihr scheiß Antifa-Schweine“, soll Jens B. gerufen haben und den beiden Alternativen gedroht haben: „Demnächst seid ihr tot!“ Während dann mindestens die beiden Mitangeklagten Manuel K. (26) und Daniel Sch. (27) den jungen Mann attackiert haben sollen, sei Jens B. damit befasst gewesen, die Freundin des Angegriffenen in Schach zu halten. Als sie mit ihrem Handy versucht hätte die Polizei zu rufen, soll B. ihr dieses aus der Hand getreten haben. Der Angegriffene aus der alternativen Szene erlitt bei der Auseinandersetzung ein gebrochenes Handgelenk.

 weiterlesen...


„Massenkontrolle aller Afrikaner in Dessau wegen Drogen. Kommen Sie mit!“

erneut schwere Vorwürfe gegen Polizei erhoben / Betroffene haben Dienstaufsichtsbeschwerden eingereicht und verlangen Schmerzensgeld

Ein Polizeieinsatz am 16. Dezember 2009 in Dessau-Roßlau sorgt für ein weiteres Nachspiel. Vor fünf Monaten hatten Beamte im Zuge einer polizeilichen Maßnahme gegen den Drogenhandel auch das Telecafe und dort gerade anwesende Kunden und Nutzer durchsucht. Der Laden in der  Innenstadt gilt als informeller Treffpunkt der afrikanischen Community. Die Vorwürfe, die die Deutsch-Afrikanische Initiative, Opferberatungsprojekte und die Betroffenen selbst damals erhoben, wogen schwer. Von einem  „rechtswidrigen und diskriminierenden Polizeieinsatz“ und einer „abscheulichen Behandlung durch Polizeibeamte“ war da die Rede (gegenPart berichtete...). Schließlich befasste sich der Innenausschuss des Magdeburger Landtages mit dem Fall. Später räumte der zuständige Polizeipräsident „erhebliche Versäumnisse“ ein und entschuldigt sich für das Vorgehen. Außerdem wurden nach gegenPart-Informationen inzwischen zwei hochrangige Polizisten versetzt. Nun haben sich beim Antidiskriminierungsbüro der Stadt weitere Afrikaner gemeldet. Auch sie berichten von Leibesvisitationen mitten auf der Straße, nicht begründeten Platzverweisen und einer unangemessenen Behandlung durch Polizeibeamte.

weiterlesen...


Alltagsantisemitismen jenseits geschlossener Weltanschauungen

bundesweiter Fachtag am 31. Mai 2010 in Weimar

Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus konzentriert sich in der Öffentlichkeit entweder auf die quantitative Verbreitung des Phänomens allein in der deutschen Bevölkerung oder auf die extremen Erscheinungsformen dieser Weltanschauung. Thematisiert werden der radikale Antisemitismus in der rechtsextremen Szene, seine antikapitalistische und antizionistische Spielart in extrem linken Gruppierungen und der israelfeindliche Antisemitismus im islamistischen Spektrum. Dieses sind wichtige, inzwischen aber recht gut bekannte Erscheinungsformen des Antisemitismus, denen man im alltäglichen Leben aber eher seltener begegnet.

 weiterlesen...


Neonazi ist "förmlich ausgetickt und hat sich eine Waffe geschnappt“

Neonazi erhielt achtmonatige Haftstrafe // Urteile wegen anderer Gewalttaten stehen noch aus // Lokal nach Attacken aus der Neonaziszene geschlossen

Am 13. April 2010 wurde vor dem Amtsgericht Bitterfeld gegen den 1990 geborenen Stefan W. u.a. wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, versuchte gefährliche Körperverletzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verhandelt. Richterin Engshuber am Amtsgericht Bitterfeld sah es abschließend als erwiesen an, dass der Angeklagte in der Nacht zum 10. Juli 2009 „förmlich ausgetickt“ sei. Stefan W., der auch mit der Neonazikameradschaft „Freie Nationslisten Anhalt-Bitterfeld“ an Demonstrationen der extrem rechten Szene teilgenommen hatte, war vorgeworfen worden, dass er vor einem Restaurant in der Bitterfelder Innenstadt Personen mit einer Waffe erst bedroht und anschließend auch auf diese geschossen haben soll. Kurze Zeit später soll er wieder zurückgekehrt sein und mit einem „Butterfly-Messer“ bewaffnet versucht haben, sich Zutritt zum Restaurant zu verschaffen. Zudem soll der Angeklagte auch die eingetroffenen Polizeibeamten mit dem in Deutschland verbotenen Messer bedroht und getreten haben.

weiterlesen...


 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt