Augen auf! Ausgabe Februar 2010

Beratungsprojekte aus der Region Anhalt ziehen Bilanz

rechte Gewalttaten 2009 leicht zurückgegangen / Chronik verzeichnet insgesamt 197 Meldungen / Doppelstadt Dessau-Roßlau einmal mehr Hochburg neonazistischer Aktivitäten

Insgesamt 32 mal haben Neonazis im vergangenen Jahr zugeschlagen, bedroht und beleidigt. Die Bilanz der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt verzeichnet einen leichten Rückgang der Zahlen der jedoch nicht darüber hinwegtäuschen (mehr dazu hier...) sollte, dass sich vor allem in Dessau-Roßlau ein negativer Trend der vergangenen Jahre fortgesetzt hat: Die Stadt ist ein Zentrum rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt. Die registrierten Aktivitäten extrem rechter Gruppen zwischen Aken und Zerbst, Abtsdorf und Zörbig bewegen sich nach wie vor auf einem hohen Niveau. Im Schnitt erfasste das Mobile Beratungsteam (Projekt gegenPart) damit pro Woche vier rechte Ereignislagen zwischen Elbe und Saale (mehr dazu hier...). Die Dunkelziffer dürfte dabei beträchtlich sein, weil viele Ereignisse nicht bekannt werden oder zur Anzeige gelangen. Die wieder etwas ausdifferenzierte Szene aus Kameradschaften und NPD-Strukturen hat im Jahr 2009 nur wenig von ihrer Kampagnenfähigkeit eingebüßt. Und die nächste Herausforderung für das demokratische Gemeinwesen steht bereits vor der Tür: Ein Naziaufmarsch am 13. März 2010 durch die Dessauer Innenstadt (mehr dazu hier…).

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Mit DOWN BELOW, Straßentheater und Kehrmaschine gegen Rechts

Breites Bündnis ruft in Dessau-Roßlau zum Protest auf

Eine Stadt macht mobil gegen Rechts. Das Anhaltische Theater ist ebenso dabei wie Parteien, Bildungsträger und Vereine. Das Netzwerk GELEBTE DEMOKRATIE sowieso. Sie alle eint am 13. März 2010 eine Motivation: Gesicht zeigen gegen den braunen Ungeist. Nicht zum ersten Mal marschieren Rechtsextremisten im März durch die Straßen der drittgrößten Stadt Sachsen-Anhalts. Wie bereits im vergangenen Jahr (mehr dazu hier...) und (hier...), wollen sie in ihrer geschichtsverfälschenden Logik - die die Verbrechen des Nationalsozialismus leugnet und damit die NS-Opfer verhöhnt - an die Bombardierung Dessaus erinnern. Die Organisatoren des Protestes haben sich dabei auf die Fahnen geschrieben, an die kosmopolitische Tradition des Bauhauses anzuknüpfen. Dem Zusammenschluss ist zu wünschen, dass dieser historische Rückgriff tatsächlich motivierend wirkt. Denn die Doppelstadt an Elbe und Mulde braucht keinen Aufstand der Zuständigen, sondern einen der engagierten Bürgerschaft.

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„Wir sind heute hier, weil ein Mensch ums Leben gekommen ist und dieser Tod nicht gesühnt wurde.“

fünfter Todestag von Oury Jalloh in Dessau-Roßlau / Bundesgerichtshof hebt Urteil auf und setzt neuen Prozess an / Polizeieinsatz in Treffpunkt der afrikanischen Community löst heftige Kritik aus

Es war kalt und der Wind pfiff den Menschen eisig um die Ohren, die am frühen Morgen des 07. Januar 2010 an die Friedensglocke ins Dessauer Stadtzentrum gekommen waren, um an den qualvollen Feuertod des Asylbewerbes Oury Jalloh vor genau fünf Jahren zu erinnern. Nur wenige Minuten nach der Gedenkveranstaltung, viele waren schon auf dem Weg zum Polizeirevier, um am tatsächlichen Ort des Geschehens still zu erinnern, war die Duplizität der Ereignisse kaum noch zu überbieten. Aus Karlsruhe lief die Nachricht über die Ticker, dass der BGH den im Dezember 2008 verkündeten Freispruch (mehr dazu hier…) des hiesigen Landgerichts für einen der beiden Polizeibeamten aufgehoben hatte. Die obersten Richter machten dabei erhebliche Zweifel am bisher geschilderten Tathergang geltend, stellten eklatante Ungereimtheiten in der Beweiswürdigung fest und ordneten einen neuen Prozess an.

Diese Entscheidung sollte auch am Nachmittag auf einer Demonstration, die antirassistische Gruppen gemeinsam mit der afrikanischen Community ausrichteten, mit großer Erleichterung aufgenommen werden. Auf der Demonstration sorgte indes ein aus Sicht der Betroffenen völlig unangemessener Polizeieinsatz in Dessau für Aufregung. Am 16. Dezember hatten Beamte im Zuge einer Drogenrazzia das Telecafè  und dabei auch Mouctar Bah durchsucht. Bah ist bundesweit dafür bekannt, sich im Fall Oury Jalloh stark für eine Aufklärung der Ereignisse eingesetzt zu haben. Für sein Engagement wurde er erst wenige Tage zuvor mit der renommierten Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet. Inzwischen hat sich auch der Innenausschuss des Magdeburger Landtages mit den Vorwürfen befasst. In der Sitzung räumte der zuständige Polizeipräsident Karl-Heinz Willberg nach Angaben der Fraktion DIE Linke ein, dass der Einsatz „teilweise nicht angemessen und verhältnismäßig“ gewesen sei (mehr dazu hier…). Außerdem habe sich ein Beamter mittlerweile für seine beleidigende Wortwahl Betroffenen gegenüber entschuldigt.

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Titelverleihung in Roßlau

Förderschule wird am 24. Februar eine OHNE RASSISMUS

Jürgen Raßbach ist sichtlich stolz auf das Ergebnis: "Als erste regionale Förderschule ist nun die in Roßlau mit im Boot." Der Mitarbeiter der vom Lokalen Aktionsplan für Demokratie und Toleranz (mehr dazu hier...) geförderten Servicestelle SCHULE OHNE RASSISMUS weiß,was vor einem solchem Festakt alles zu stemmen ist. Bereits im vergangenen Jahr hatten die SchülerInnen damit begonnen, in den Fluren ihrer Einrichtung für Unterstützung zu werben, Unterschriften zu sammeln und die Klinken des LehrerInnenzimmers zu putzen, um für die europaweite Kamapgne und ihr ganz persönliches Projekt zu begeistern.

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„Handwerkliche Fehler“ von „nur mittelguten Juristen“?

Juristischer Sieg auf ganzer Linie war nur erträumt // NPD-Landesvorsitzender muss wegen unwahrer Behauptungen und Schmähungen Schadensersatz zahlen // DVU-Landesvorsitzender als Rechtsanwalt wieder unterlegen
erstveröffentlicht: Infothek-Dessau.de
Vor der vierten Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau fand am 18. Januar 2010 eine Verhandlung statt, bei der gleich zwei Landesvorsitzende extrem rechter Parteien aus Sachsen-Anhalts involviert waren. Beide saßen auf der Seite der beklagten Partei. Zum einen der Landesvorsitzende der NPD Sachsen-Anhalt Matthias Heyder – begleitet von dem Magdeburger NPD-Stadtrat Matthias Gärtner – und neben ihm der Landesvorsitzende der DVU Ingmar Knop in seiner beruflichen Funktion als Rechtsanwalt. Die vorsitzende Richterin Walter betonte eingangs, „dass hier erhebliches Interesse besteht“ Schadensansprüche des Klägers Georg Findeisen, seines Zeichens Justiziar der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost, geltend zu machen. Für unwahre Tatsachenbehauptungen und Schmähungen gegen den Kläger und seine Dienststelle auf den Internetseiten der Landes-NPD hatte Heyder sich zu verantworten.

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„Das war eine kluge Entscheidung“

Berufung zurückgenommen // Körperverletzung, „Blood & Honour“-Schriftzug und andere Straftaten bringen Neonazi hinter Gitter
Vor der dritten Strafkammer am Landgericht Dessau-Roßlau wurde am 11. Januar 2010 die Berufungsverhandlung gegen den 31-jährigen Rene Ö. aus Bitterfeld-Wolfen verhandelt. Der bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte hatte sich infolge seiner eigenen sowie der staatsanwaltschaftlichen Berufung erneut für das öffentliche Tragen eines Schriftzuges der verbotenen Neonaziorganisation „Blood & Honour“ und Körperverletzung zu verantworten.

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Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt