26. Oktober 2011 / Köthen

Der einschlägig bekannte Rechtsextremist Philipp S. wurde vom Amtsgericht Köthen wegen Beleidigung und Körperverletzung zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 300 Euro verurteilt. Zudem muss er dem Geschädigten, der eine ärztlich attestierte Schädelprellung zu beklagen hatte, einen Schmerzensgeld in gleicher Höhe zahlen.

S. macht aus seiner neonazistischen Gesinnung indes keinen Hehl. Zur Verhandlung erschien er mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck "Nationale Sozialisten" und hört laut Rechtsrock-Musik. Auf seinem Facebook-Profil tummeln sich zahlreiche "Freunde", die sich u. a. mit rechtsextremen Parolen und dem Zeigen des "Hitlergrußes" präsentierten. Zudem nimmt der 20jährige Täter aus Wörbzig (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) an rechtsextremen Ereignislagen im öffentlichen Raum teil. So zuletzt an einem Neonaziaufmarsch am 01. Mai 2011 in Halle (Saale). Sein Eintrag im Bundeszentralregister ergab darüber hinaus, dass er u.a. wegen Körperverletzung und Trunkenheit am Steuer vorbestraft ist. 

Die vorsitzende Richterin sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte sein Opfer am 01. Juli 2011 (mehr dazu hier...) in Köthen gegen 06.15 Uhr zunächst homophob und rechtsextrem motiviert beleidigte und den Betroffenen schließlich vom Fahrrad stieß. Philipp S. gibt zu, dass er den Geschädigten, der im Verfahren als Nebenkläger auftritt und von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt betreut wird, zunächst als "Scheiß Antifaschwuchtel" und "Scheiß Zeckenschwuchtel" verbal herabgewürdigt habe. Zur Begründung des Tatmotivs gibt der Neonazi an: "Ich stand unter Alkoholeinfluss. Es war übertrieben." Auf Nachfrage des Gerichts, warum er in seiner Wortwahl genau diese Begrifflichkeiten verwendet habe, antworter er: "es war im Affekt".   


Philipp S. (l. mit Sonnenbrille) auf einem Neonaziaufmarsch am 01. Mail 2011 in Halle (Saale); Foto: infothek-dessau.de

Er leugnet auch nicht, den Geschädigten zudem mit Faustschlägen traktiert zu haben. Die Staatsanwältin hakt hier genauer nach: "Es versteht hier niemand, warum sie ohne Grund jemanden beleidigen und dann zuschlagen?" Der 20järiger Täter bleibt eine Antwort auf diese Frage schuldig.

Die Alkoholblutentnahme ergab für die Tatzeit einen Promillegehalt von 2,07. Der Arzt diagnostizierte im medizinischen Bericht: "Bewußtsein klar" und "Sprachfähigkeit normal".

Die zuständige Vertreterin der Jugendgerichtshilfe führt aus, dass S. nach neun Jahren die Schule schließlich mit dem Abschluss der 5. Klasse verlassen habe. Aktuell strebe er einen Berufsabschluss als Koch in einem Köthener Restauarant an. Sie schreibt dem Angeklagten zudem ins Stammbuch: "Warum hast Du Dich nicht entschuldigt?" Am Ende empfiehlt die Jugendamtsmitarbeiterin, Philipp S. nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. 

Für die Staatsanwältin steht fest, dass sich beide Anklagepunkte im Verlauf der Verhandlung eindeutig bestätigt hätten. Der Tatvorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung genau so, wie eine augenscheinliche Beleidigung. Hinzu komme, dass der 20jährige kein unbeschriebenes Blatt sei und einschlägig vorbestraft wäre. Sie fordert, den Angeklagten zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit und der Zahlung eines Schmerzensgeldes zu verurteilen.

Die Richterin verkündet indes das Urteil. Demnach muss Philipp S.  300 Euro an Amnesty International zahlen. Kommt er der Forderung nicht fristgemäß nach, droht ein Jugendarrest. Außerdem muss er an den Geschädigten ein Schmerzensgeld von 300 Euro zahlen und damit weniger, als das Opfer in seiner Intervention gefordert hatte (€ 650).

In der Urteilsbegründung findet das Gericht deutliche Worte: "Sie wussten schon noch, wer Herr P. (Name des Opfers geändert; die Red.) war und dass sie ihn aus politischen und homophoben Gründen angegriffen und geschlagen haben."

Das Urteil ist bereits rechtskräftig, da weder Staatsanwaltschaft noch Angeklagter Berufung einlegten.

Quelle:
eigener Bericht 


 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt