08. Mai 2013 / Wittenberg

Auf dem Markt der Lutherstadt Wittenberg kamen am 08. Mai 2013 unter dem Motto „Wir feiern nicht!“ 25 Neonazis aus dem Kameradschaftsspektrum zusammen . Mit der von Mario A. (mehr dazu hier...), einem Aktivisten aus dem neonazistischen Musikbereich, angemeldeten Versammlung, inszenierten sich die extrem rechte Szene der Region im Kontext des 68. Jahrestages der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands einmal mehr im braunen Geiste der NS-Glorifizierung. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt derweil wegen der Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Kennzeichen und Beleidigung.

Unter den rechtsextremen Aufzugsteilnehmern, die sich in einem akkuraten Halbkreis auf dem geschichtsträchtigen Marktplatz Wittenbergs positioniert haben, sind einschlägig bekannte Neonazis. So wie Henry B. (mehr dazu hier…), der erst vor kurzem vom Amtsgericht Wittenberg wegen Körperverletzung zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde und darüber hinaus einen neonazistischen Online-Versand betreibt (mehr dazu hier…) . Auch der  Wittenberger NPD-Funktionär Thomas Lindemann (mehr dazu hier…) und (hier…) fehlt nicht, fungiert  er doch zum wiederholten Male als personifiziertes Bindeglied zwischen der rechtsextremen Partei und dem militanten Kameradschaftsspektrum. Mit dem Neonazikader Michael F.  aus Thüringen, hat sich die regionale Szene an diesem Tag zudem einen besonders unangenehmen Redner als Verstärkung geholt. Er und Mario A. aus Wittenberg, der wahlweise mit seiner Neonaziband „Systemwut“ oder als rechtsextremer Liedermacher unterwegs ist, spielen dann auch ungeniert auf der Klaviatur von NS-Verherrlichung, Geschichtsrevisionismus und Volksgemeinschaftsrhetorik.


Neonazis am 08. Mai 2013 auf dem Wittenberger Marktplatz




Der NPD-Funktionär Thomas Lindemann (2. v. l.), der Wittenberger Neonazis Benjamin B. (4. v. l.) und der verurteilte Straftäter Henry B. (ganz r.).


Maik P. (2. v. l.) ist bekennende Rechtsextremist und zudem Anhänger der Jugendkultur Heavy Metal

Der 8. Mai 1945 wird in dieser braunen Logik von den beiden Nazi-Rednern als „perverse Scheinbefreiung“ verunglimpft, von den „14 Millionen heimatvertriebenen Deutschen“  wird ebenso schwadroniert, wie von der „völkerrechtswidrigen Abtrennung der deutschen Ostgebiete“ . Auch ein Ausflug in die bizarre Welt der pathologischen Verschwörungstheorien darf nicht fehlen, sind diese doch für die Binnenidentität der Szene besonders wichtig. In diesem Duktus spricht Mario A. schließlich von der „Umerziehung unseres Volkes nach westlichen, dekadenten Werten“ und postuliert eine „Fremdbestimmung durch die ehemaligen alliierten Mächte“.


Die Redner Mario A. (Bildvordergrund) und der Neonazikader Michael F. (Bildmitte) aus Thüringen

Diese rechtsextreme Provokation und der damit verbundene Angriff auf den gesunden Menschenverstand, gerade an einem so geschichtsträchtigen Tag, verlief in Wittenberg indes weitestgehend ohne wahrnehmbare Proteste ab.  Eine augenscheinlich zufällig anwesende Passantin brachte ihren Unmut lautstark zum Ausdruck. Ansonsten blieb es einer handvoll alternativen Jugendlichen überlassen, mit ein paar Pfiffen und „Geht nach Hause“-Sprechchören zumindest ein wenig Paroli zu bieten.



Nach Informationen des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus (Projekt gegenPart) ermittelt die Polizei indes wegen Beleidigung und des Anfangsverdachtes der Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen. Zudem würden die Statements der rechtsextremen Redner auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz überprüft.

Quelle: eigener Bericht

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt