03. Oktober 2009 / Bitterfeld

Neonazis der "Freien Nationalisten Bitterfeld und Dessau" veranstalteten am 03. Oktober 2009 in der Bitterfelder Innenstadt einen Aufmarsch unter dem Motto: “Laß dich nicht verarschen – Werde aktiv! Wir wollen alles! Freiheit, soziale Gerechtigkeit – Ein neues Deutschland!” An dem Aufzug nahmen bis zu 110 Personen aus der Region Anhalt, Burg, Mansfeld-Südharz, dem sächsischen Schkeuditz, Freiberg, Leipzig und Dresden, dem brandenburgischen Königs Wusterhausen und anderen Städten teil.


Fronttransparent bei Demostart

Bei dem Erstanmelder für diesen Aufmarsch Per M. handelte es sich dabei um einen einschlägig verurteilten Neonazi, der im Jahr 2002 vom Generalbundesanwalt Kay Nehm angeklagt und verurteilt worden ist, weil er mit vier weiteren Tätern am 29. Juni 2001 ein Wohn- und Geschäftshaus von Mitbürgern aus Vietnam mittels Brandanschlag angezündet haben. Zur Tatzeit schliefen in dem Haus acht Personen, darunter zwei Kinder, die glücklicherweise ins Freie flüchten konnten und nicht verletzt wurden. Die als achtfachen versuchten Mord gehandelte Tat sah der Generalbundesanwalt derzeit als "geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen." Wie die Polizei nach dem Aufzug berichtet mussten die Organisatoren eine andere Person als Anmelder vorweisen.


Organisatoren und Drahtzieher Per M. (li.) und Alexander W. (re.) aus Dessau-Roßlau

Die Demonstrationsroute der Neonazis um die ehemalige NPD-Landesvorsitzende Carola Holz sah vor bis zu einem Gedenkstein des im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar von Nationalsozialisten ermordeten Ernst Thälmann zu marschieren und dort eine Zwischenkundgebung abzuhalten. Wie auch schon im Jahr 2006 (mehr dazu hier…) stellte dies für linke Nazigegner eine besondere Provokation durch die extreme Rechte dar. Die Anmeldung einer Kundgebung durch die Linkspartei an diesem Platz ist von der Polizei im Vorfeld verboten worden. im Rahmen des Aufmarsches kam es u.a. zu Strafanzeigen wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (mehr dazu hier...) und Einschüchterungen und versuchte Körperverletztung durch Teilnehmer gegen einen Fotografen (mehr dazu hier...).


Neonaziaufzug mit großem Polizeiaufgebot

Die ehemalige NPD-Landesvorsitzende und NPD-Vertreterin im Kreistag von Anhalt-Bitterfeld Carola Holz wendet sich in einer Rede in einem Akt aus Siegesgewissheit und visionärer Verblendung mit einem Appell an die eingesetzten Polizeibeamten vor Ort, der wohl auch als Aufruf zu Straftaten verstanden werden kann: „Meine Damen und Herren Polizeibeamten, ein neuer Staat braucht auch wieder neue Ordnungshüter. Empfehlen sie sich schon jetzt dafür, indem sie aktiv werden gegen ein System das intolerant gegen das eigene Volk ist, während es seine Beamten in den Straßen der Großstädte von fremdvölkischen Menschen verprügeln lässt. Wir warten auf sie!“


Carola Judith Holz bei ihrer Rede

Unter dem Motto: „Courage zeigen – keinen Platz für Nazis, nicht in Bitterfeld und anderswo“ demonstrierte am Nachmittag ein Bürgerbündnis mit etwa 100 TeilnehmerInnen gegen den rechten Aufzug (mehr dazu hier...). Eine ähnliche Teilnehmerzahl hatte eine Antifa-Demo am Vormittag zu konstatieren, zudem fand noch eine Kundgebung der IG Metall mit bis zu 80 TeilnehmerInnen statt.

 
Neonazi: "Damals wie heute [...] im Kampf gegen das System!"

Quelle:
Infothek-Dessau.de
eigener Bericht

 

Projekt GegenPart – Mobiles Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt