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Pretzien (Landkreis Schönebeck)

24. Juni 2006




In der 900-Einwohnergemeinde kam es zu einem bisher fast einmaligen rechtsextremen Vorfall. Auf einem Fest unter dem Motto "Tanz zur Sommersonnenwende mit kulturellem Programm und Sonnenfeuer ", ausgerichtet vom Verein "Heimat Bund Ostelbien", verbrannten Rechtsextremisten zunächst eine USA-Flagge und später den bekannten Buchtitel "Das Tagebuch der Anne Frank". Wie die Volkstimme Magdeburg berichtete, fand die Feier im Dorfgemeinschaftshaus "Alter Krug" statt. "Nach mehreren übereinstimmenden Zeugenaussagen", so das Blatt weiter, hätte das Fest dann ein jähes Ende gefunden: "Nach Einbruch der Dunkelheit wurden die Gäste aus dem Saal auf die Wiese hinter das Gemeindehaus gebeten. Dort stehen auf drei Ecken verteilt sechs dunkel gekleidete Jugendliche, alle um die 20 Jahre alt. Sie tragen brennende Fackeln. Einer ist mit einem T-Shirt mit der Aufschrift " Wehrmacht Pretzien " bekleidet." (...)  "Einer nach dem anderen treten die jungen Leute an das Feuer und werfen ihre Fackeln hinein. Auch ein Beutel wird in das Feuer geschmissen, rollt aber immer wieder hinaus. Ein junger Mann öffnet schließlich den Beutel, zieht eine USA-Fahne heraus, zeigt sie in die Runde und wirft sie ins Feuer. Besucher schauen sich verdutzt an. Aber offenbar bekommen die Flaggenverbrennung zunächst nicht alle mit. Es wird sogar applaudiert – " gemeint war aber die Aufführung als solche, die laut Ankündigung Bezug auf die vier Jahreszeiten nehmen sollte ", glaubt eine Zeugin. Dann herrscht wieder Schweigen. In die Stille ruft einer der Jugendlichen seine Mitstreiter dazu auf, dem Feuer zu übergeben, was jeder für verbrennenswürdig hält. Einer der jungen Leute sagt, er übergebe jetzt Anne Frank dem Feuer. Er ruft es nicht, sagt es auch nicht ganz leise. Er spricht es so laut aus, dass ein großer Teil der Besucher es mitbekommt. Dann geht er zum Feuer in die Mitte und wirft eine Taschenbuchausgabe der Tagebuchaufzeichnungen des jüdischen Mädchens ins Feuer. Das Buch ist zerfleddert. Ein Zeuge erinnert sich, am frühen Abend die Jugendlichen bereits " beim Fußballspielen mit dem Buch " gesehen zu haben."

In mehreren Medienberichten wird in den folgenden Tagen zudem auf die rechtsextreme Orientierung des Vereins "Heimat Bund Ostelbien" hingewiesen, der schon seit Jahren vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt beobachtet werde. Der Vorsitzende, Christian Seidel, ist ehemaliges NPD-Mitglied. In vielen kritischen Berichten wurde darüber hinaus die Verantwortung des PDS-Bürgermeisters Friedrich Harwig angesprochen. Dieser hat versucht, die neonazistischen Jugendlichen ganz bewußt in das Vereinsleben zu integrieren um sie so unter Kontrolle zu halten. Der Landes-PDS forderte Friedrich Harwig nach Bekanntgabe des Vorfalls auf, aus der Partei auszutreten. Dieser kam der Forderung einige Tage später nach. Tagelang versuchte die Polizei vergeblich, die Tatverdächtigen zu ermitteln. Obwohl es sehr viele ZeugInnen gab, war niemand bereit zu reden. Erst über eine Woche später gelang es den zuständigen Behörden, drei Tatverdächtige im Alter von 25, 27 und 28 Jahren aus dem Ort zu ermitteln. Ihnen wird Volksverhetzung vorgeworfen. Am 01. Juli 2006 gab der Verein "Heimat Bund Ostelbien" im Internet seine Auflösung bekannt. 

Quellen:
"Dann geht er zum Feuer und wirft das Tagebuch von Anne Frank hinein", Magdeburger Volksstimme, 30. 06. 2006
"Nach Buchverbrennung: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung", Mitteldeutsche Zeitung, 02.07.06
"Drei Männer stehen unter Verdacht", Mitteldeutsche Zeitung, 03.07.2006

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