Thementag: »Wie ist eine nachhaltige Bekämpfung des Rechtsextremismus im Landkreis Wittenberg möglich?«
Veranstaltung am 14. September 2006 in Bergwitz
Am 08. Juli 2006 gegen 23.45 Uhr haben Neonazis einen Jugendlichen (22) auf dem Bahnhof in Bergwitz attackiert. Der Geschädigte, der allein auf seinen Zug wartete, wurde von fünf Neonazis unvermittelt ins Gesicht geschlagen. Als er schon am Boden lag, traten die Rechtsextremisten auf ihn ein. Außerdem wurden ihm eine Digitalkamera, ein Basecap und eine Sonnenbrille geraubt. Die Täter lösten sich dabei aus einer Gruppe von insgesamt 15-20 Rechtsextremisten, die sich ebenfalls auf dem Bahnhofsgelände aufhielten. Das Opfer hatte Gesichtsverletzungen zu beklagen, die ambulant behandelt werden mussten. Der Betroffene stellt noch am Abend Strafanzeige beim Polizeirevier in Gräfenhainichen. Nach der Gewalttat suchten die Rechtsextremisten offensichtlich gezielt nochmals nach ihrem Opfer. Laut Zeugenaussagen tauchte die Gruppe in einem Club in Bergwitz auf, beschrieb den dort anwesenden Jugendlichen den Geschädigten und fragte nach seinem Aufenthaltsort. Unter diesen Neonazis konnten der rechte Liedermacher und der NPD-Geschäftführer des Kreisverbandes Wittenberg, Christian K. aus Bergwitz, identifiziert werden. Später marschierte der Mob ,rechte Parolen skandierend, durch Bergwitz, um danach in einem Garten „Am Grubenweg“ eine Party zu feiern. Der Polizei gelang es schnell 14 Tatverdächtige aus der Region, die zum Teil schon einschlägig polizeibekannt sind, zu ermitteln.” (Auszug aus der Chronik des Projekts gegenPart)
Rechte Gewalt im Landkreis Wittenberg Eine rechtsextreme Gewalttat von vielen im Landkreis Wittenberg. Hat Bergwitz deshalb ein besonderes Problem mit Rechtsextremismus oder ist gar ein neonazistischer Leuchtturm im Land? Wohl kaum! Viel mehr gehören rechte Gewalttaten zum Alltag in den Neuen Bundesländern und sind ostdeutsche Normalität.
Im Landkreis Wittenberg hat die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in Dessau im 1. Halbjahr 2006 bereits sechs Gewalttaten registriert. Außerdem weist die Chronik des Projekts gegenPart für den gleichen Zeitraum 4 rechtsextreme Propagandadelikte auf. Nach der Reorganisation der Neonazikameradschaft “Landkreis Wittenberg” Ende 2004, sind verstärkt Gewalttaten festzustellen.
Nicht Wegschauen sondern Handeln Wegschauen, ignorieren und bagatellisieren hilft also niemanden. Im Gegenteil. Rechte Schläger werden so noch ermutigt, ihren rassistischen und antisemitischen Wahn auf der Straße zu exekutieren. "Die Verwaltungsgemeinschaft Kemberg, Jugendliche aus Bergwitz und der Ortsteil Bergwitz haben deshalb genau das richtige getan: Sie gehen offensiv mit dem Thema um", so Steffen Andersch, der Leiter der Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus in Dessau.
In enger Kooperation mit der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in der Region Anhalt (Dessau) und der Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus (Projekt gegenPart) entstand so die Idee zum Thementag.
Der Thementag Die Bekämpfung und Zurückdrängung des Rechtsextremismus, die Aufklärung der Menschen über tiefverwurzelte fremdenfeindliche Einstellungen sowie die Verringerung der eher diffusen Ängste vor Fremden braucht »einen langen Atem«. Die Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Akteure für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft können nur eine Initialzündung sein, um eine nachhaltige Entwicklung anzustossen. Jede Generation muss die Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft verinnerlichen und mit Leben erfüllen.
Wie gelingt es, die Gesellschaft für das Thema Rechtsextremismus dauerhaft zu sensibilisieren? Welche Maßnahmen gegen Rechtsextremismus zeigen nachhaltige Wirkungen? Wie kann die Akzeptanz von und die Toleranz gegenüber als fremd empfundenen Menschen erhöht werden? Diese Fragen sollen auf dem Thementag diskutiert werden.
Anliegen der Veranstaltung ist es, Informationen über rechtsextremistische Aktivitäten in der Region Wittenberg zu geben und den Erfahrungsaustausch von zivilgesellschaftlichen Akteuren zu ermöglichen. Die einzelnen Programmpunkte sollen:
· zu einer Sensibilisierung der BürgerInnen und der politischen Verantwortungsträger für die Thematik Rechtsextremismus beitragen;
· konkrete Ansatzpunkte und Praxisbeispiele für erfolgversprechende Strategien gegen Rechtsextremismus erörtern. _________________________________________________________________________
Programm
19.00 Uhr Eröffnung und Anmoderation # Torsten Seelig (Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Kemberg)
19.10 Uhr Impulsreferat: “Rechtsextreme Strukturen im Landkreis Wittenberg - Zahlen, Fakten, Informationen“ # Steffen Andersch (Projekt gegenPart, Dessau/Leiter der Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus)
19.40 Uhr Impulsreferat “Beraten. Unterstützen. Intervenieren. Die Opferberatung“ (u. a. mit Statistiken aus den Jahren 2005 und 2006 und Einzelfällen im LK Wittenberg) # Marco Steckel (Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Dessau)
20.15 Uhr Gesprächsrunde “Wie ist eine nachhaltige Bekämpfung des Rechtsextremismus im Landkreis Wittenberg möglich“ mit BürgerInnen, Gewerbetreibenden, VertreterInnen des Stadtrats Kemberg, VertreterInnen des Ortschaftsrates Bergwitz und anderen politischen Verantwortungsträgern der Region
Projekt gegenPart Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus # Steffen Andersch Schlachthofstr. 25 06844 Dessau Tel./Fax: 0340/ 26 60 21 3 e-mail: projektgegenpart@gmx.net web: www.projektgegenpart.org
Ausschlussbestimmung: Rechtsextremisten und Neonazis ist die Teilnahme an der Veranstaltung untersagt. Dabei obliegt es allein den Veranstaltern, über einen etwaigen Ausschluss zu entscheiden. Es gilt das Hausrecht.
Veranstalter: # Verwaltungsgemeinschaft und Stadt Kemberg
# Ortsteil Bergwitz
# Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalttaten in der Region Anhalt (im Multikulturellen Zentrum Dessau)
# Projekt gegenPart - Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus (Dessau)
Veranstaltungsort: Sport- und Gemeindezentrum Bahnhofstr. Bergwitz (Landkreis Wittenberg)
14. September 2006 19. - 21.30 Uhr
News
projektgegenpart ist umgezogen
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