Ausstellung „Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma“ wird am 08. September 2005 in der Dessauer Marienkirche eröffnet
für Schüler- und Jugendgruppen besteht die Möglichkeit der aktiven Beschäftigung mit der Ausstellung
500.000 Sinti und Roma fielen dem Holocaust zum Opfer. 23.000 von ihnen wurden allein nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die meisten dem Terror der SS, der Zwangsarbeit und den unmenschlichen Lebensbedingungen zum Opfer fielen. Tausende Sinti und Roma wurden in den Gaskammern mit dem in Dessau produzierten Zyklon B ermordet.
Auf Grund dieser historischen Tatsache war es dem Alternativen Jugendzentrum e.V. Dessau ein besonderes Anliegen, die Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums Heidelberg nach Dessau zu holen. Die Stadt Dessau unterstützt dieses Anliegen, in dem sie die Marienkirche als Ausstellungsort zur Verfügung stellt.
Mit der Eröffnung am 08.September 2005 steht allen Interessierten bis zum 24.September 2005 die Ausstellung zur Verfügung. An den Vormittagen werden spezielle Programme für Schulklassen angeboten, die auch Gespräche mit Zeitzeugen beinhalten. Es besteht für Schüler- und Jugendgruppen die Möglichkeit der aktiven Beschäftigung mit der Ausstellung mit anschließendem Zeitzeugengespräch (auch vormittags). Interessenten wenden sich bitte an die unten angegebenen Kontaktmöglichkeiten.
Franz Rosenbach ist überlebender Sinto der Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Buchenwald und Mittelbau-Dora. Seine Eltern kehrten nicht aus Auschwitz zurück. Nach seiner Befreiung verbrachte Herr Rosenbach einige Tage in Sollnitz. Jahrzehntelang musste Franz Rosenbach um die Anerkennung der deutschen Staatsbürgerschaft für sich und seine Familie kämpfen. Heute ist er Stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Bayern Deutscher Sinti und Roma. Neben den Zeitzeugengesprächen mit Schülern wird Herr Rosenbach am 15.September 2005 um 19.30 Uhr in der Marienkirche aus seinem Leben berichten.
Zeitzeuge Franz Rosenbach
Der 1932 in Bitterfeld geborene und in Halle bei Pflegeeltern aufgewachsene Sinto Josef Muscha Müller wird für zwei Zeitzeugengespräche mit Schülern nach Dessau kommen. Als 12jähriger in Halle zwangssterilisiert, entging er der geplanten Deportation ins Konzentrationslager Bergen-Belsen Dank des Mutes einiger Widerstandskämpfer der Gruppe „Edelweiß“. Er gehört zu den wenigen Zwangssterilisierten, die heute die Kraft aufbringen, darüber öffentlich zu sprechen. Zum Rahmenprogramm der Ausstellung gehören des Weiteren Filmveranstaltungen und Vorträge. Die Vorträge werden regionale Aspekte der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma beleuchten.
Den Abschluss der Ausstellung wird am 24.September 2005 um 17.00 Uhr das Gedenken an die 500.000 ermordeten Sinti und Roma am Info- und Mahnpunkt Zyklon B bilden.
Montag, 12.09.2005 20 Uhr Filmvorführungen „Szczurowa“ (Dokumentarfilm) Ein Dokumentarfilm von Alexander von Plato und Loretta Walz D 1997 20 Minuten
Aus der Zeit der nationalsozialistischen Besetzung Polens sind bisher etwa 180 Orte bekannt, in denen Sinti und Roma durch Exekutionskommandos der SS, der Polizei und der Wehrmacht ermordet wurden. Einer dieser Orte ist das Dorf Szczurowa in der Nähe von Tarnów in Südostpolen. Am Morgen des 3. Juli 1943 wurden die in dem Ort beheimateten Roma-Familien zum Friedhof gebracht und dort 94 Menschen erschossen. Anschließend brannte man ihre Häuser nieder. Frau Krystyna Gill, die als junges Mädchen als einzige ihrer Familie die Verbrechen in Szczurowa überlebte, schildert gemeinsam mit weiteren Bewohnern des Dorfes die Ereignisse.
Szene aus der Dokumentation
„Sidonie“ (Spielfilm) Ein Spielfilm von Karin Brandauer A 1991 87 Minuten
Am 18. August 1933 entdeckt der Pförtner des Krankenhauses von Steyr (Österreich) ein schlafendes Kind. Neben dem Säugling liegt ein Papier, auf dem steht: „Ich heiße Sidonie Adlersburg und bitte um Eltern.“ Das Arbeiterehepaar Breitner nimmt die kleine Sidonie bei sich als Pflegekind auf. Es stört sie nicht, dass Sidonie ein Roma-Kind ist. Besonders der eigene Sohn Manfred liebt die kleine Stiefschwester. So wächst Sidonie trotz mancher Anfeindungen im Dorf ruhig und beschützt in dieser Familie auf. 1943 bekommen die Breitners plötzlich den Bescheid, dass Sidonie von ihrer leiblichen Mutter zurückgefordert werde. Unter diesem Vorwand wird das Mädchen schließlich gegen den Widerstand der Breitners abgeholt und zusammen mit vielen anderen Menschen in Güterwaggons abtransportiert. Wenige Wochen später wird Sidonie Adlersburg in Auschwitz ermordet.
Mittwoch, 14.09.2005 20 Uhr „Rosslau - Magdeburg - Auschwitz. Lebensstationen mitteldeutscher Sinti zwischen 1933 und 1945“ Vortrag von Dr. Lutz Miehe, Leiter des Gedenkstättenreferates im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt
Donnerstag, 15.09.2005 19.30 Uhr Zeitzeugengespräch mit Franz Rosenbach (Überlebender der Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und Mittelbau-Dora) mehr dazu hier...
Montag, 19.09.2005 20 Uhr Filmvorführung „Ein einzelner Mord“ (dokumentarischer Spielfilm) Ein dokumentarischer Spielfilm von Karl Fruchtmann D 1999 85 Minuten
Am Karfreitag 1945 wird der 17-jährige Sinto Anton Reinhardt, flüchtig aus einem Lager in Süddeutschland, von einer Volkssturmeinheit in der Nähe von Bad Rippoldsau gefangen genommen. Statt ihn der Polizei zu überstellen, wird er von dem SS-Hauptsturmführer Karl Hauger verhört und in der Nacht – nach einem „geselligen“ Beisammensein mit Angehörigen der Volkssturmeinheit – zum Tode verurteilt. Am nächsten Morgen wird Reinhardt in ein angrenzendes Waldstück geführt, wo er sein eigenes Grab schaufeln muss. Dann wird er von Hauger durch einen Genickschuss ermordet.
Anton Reinhardt Die Ermordung von Anton Reinhardt nur wenige Wochen vor Kriegsende steht als exemplarisches Einzelschicksal für den Völkermord an den Sinti und Roma. Der Regisseur Karl Fruchtmann konnte auf Prozessakten und Originalberichte zurückgreifen, aus denen er die beiden letzten Lebenstage Anton Reinhardts rekonstruierte.
Samstag, 24.09.2005 15.00 Uhr Abschlussveranstaltung „Dieser Tod kam aus Dessau. Zyklon B – Die Produktion des Giftgases“ Vortrag von Antje Tietz und Hans Hunger, Forschungsgruppe Zyklon B mehr dazu hier...
Samstag, 24.09.2005 17.00 Uhr Gedenken am Info- und Mahnpunkt Zyklon B Brauereibrücke Dessau (Askanische Straße)
* Wenn nicht anders gekennzeichnet, finden alle Veranstaltungen in der Dessauer Marienkirche (Zerbster Str.) statt.
Öffnungszeiten:
vom 09.-22.September 2005 täglich von 14-20 Uhr außer Samstag, 10.09.2005 von 14-24 Uhr (Museumsnacht)