Eine alltägliche Bedrohung - Antisemitismus in Deutschland und Europa
Die Ausstellungeröffnung - eine Nachbetrachtung
Rund 50 Gästen wohnten am 07. März 2005 der Eröffnung der Wanderausstellung »Eine alltägliche Bedrohung – Aktueller Antisemitismus in Deutschland und Europa« im Dessauer Rathaus bei. Die Exposition, die das Dessauer Bündnis gegen Rechtsextremismus (BgR) bis einschließlich 29. März präsentiert, ist in Sachsen-Anhalt erstmals zu sehen. Kulturell wurde das Programm durch das "Ensemble Shoshana", einer Musikgruppe der jüdischen Gemeinde Dessau, begleitet.
Zu Beginn der Eröffnung sprach ein Vertreter der Kommune, Herr Ziegler vom Amt für Kultur, Tourismus und Sport, einige Worte zu den Anwesenden. Er resümierte, dass er ganz persönlich den Eindruck hätte, dass die Hemmschwelle bei der Diskriminierung von Juden im bundesrepublikanischen Alltag immer geringer werde. Es gehöre viel Mut dazu, so Ziegler weiter, Stammtischparolen entschlossen entgegen zu treten.
Für das Dessauer Bündnis gegen Rechtsextremismus sprach anschließend Marco Steckel, Leiter der Beratungstelle für Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten. Steckel bedankte sich ausdrücklich bei der Stadtverwaltung für die freundliche Unterstützung und die Bereitstellung der Rämlichkeiten: "Es ist nicht selbstverständlich,dass eine zivilgesellschaftliche Initiative mit dem Thema: »Antisemitismus« öffentliche Räume belegen darf."
Steckel unterstrich mit einem Beispiel, die Aktualität des Thema auch in der hiesigen Region. So wäre am 13. Februar 2005 im Zusammenhang mit der neu entfachten Debatte um ein NPD-Verbot ein Kommentar in dem Anzeigenblatt "Bitterfelder Spatz" erschienen. Der Chefredakteur der Zeitung, so Steckel weiter, argumentierte in dem Artikel eindeutig antisemitisch, wenn er formuliert: »Unsere Politik wird teilweise vom Zentralrat der Juden mitbestimmt.«. "Der Aufschrei der »Anständigen« im Landkreis Bitterfeld blieb aus und wie den Internetseiten des Projekts Gegenpart zu entnehmen war, hat ein engagierter Antifaschist inzwischen Anzeige wegen Volksverhetzung gesellt.", fasst Steckel zusammen. Steckel kommt angesichts des Falles in Bitterfeld zu dem Schluss, dass Antisemitismus kein Randphänomen wäre und nicht etwa nur in der rechtsextremistischen Ecke reproduziert würde, sondern vielmehr in der Mitte des Gesellschaft hineinwirken würde.
"Eine leider in der Öffentlichkeit wenig beachtete Studie des Bielefelder Institutes für Konflikt- und Gewaltforschung",fuhr der Vertreter des BgR fort, hätte im letzten Jahr erschreckende Zahlen ans Tageslicht gebracht. Die Studie habe im Bereich des klassischen Antisemitismus fest gestellt, dass fast 80 % der Befragten der Formulierung zustimmen, das »die Juden in Deutschland zuviel Einfluss haben«. Im Zusammenhang mit der NS-vergleichenden Israelkritik wären die Zahlen ebenfalls eindeutig. Fast 50% äußerten sich zustimmend zur Formulierung: »Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben«. Und 18 % der Befragten, denen ein israelbezogener Antisemitismus nachgewiesen werden konnte, bezeichnen sich selbst als „eher links“.
"Der Antisemitismus ist eine Theorie, mit der sich die Menschen das Böse, Dunkle, Mächtige und Verborgene zu erklären versuchen.", versucht Steckel das Wesen der Verschwörungstheorie auf den Punkt zu bringen. "Zu betonen ist, dass der Antisemitismus nichts mit Jüdinnen und Juden zu tun hat, sondern mit den Einstellungen der antisemitisch denkenden Menschen. Juden sind weder die Ursache des Antisemitismus, noch sind sie verantwortlich für seine Existenz.", dass so Marco Steckel abschließend, sei auch das pädagogische Hauptanliegen der Ausstellung.
Infos/Kontakt: Dessauer Bündnis gegen Rechtsextremismus c/o Koordinierungsbüro Raguhner Str. 14 06842 Dessau Tel.: 0340/ 85 05 21 2 oder Projekt gegenPart Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus Dessau Schlachthofstr. 25 06844 Dessau Tel./Fax: 0340/ 26 60 21 3 e-mail:projektgegenpart@gmx.net web: www.projektgegenpart.org
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