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„Viele Rechtsextremisten wollen einfach nicht wissen, wie hoch die Ausländerquote wirklich ist“

Bildungsveranstaltung des Netzwerkes Zivilgesellschaft Anhalt zum Umgang mit rechtsextremen Parteien zur Kommunalwahl




Dass die Organisatoren einer Bildungsveranstaltung einigen potentiell Interessierten wegen Überbuchung absagen müssen, kommt heute wahrlich nicht alle Tage vor. Dem Netzwerk Zivilgesellschaft Anhalt (NZA) ist genau dies am 06. März 2007 in Köthen passiert.

Der Zusammenschluss von Bündnissen für Demokratie und Toleranz und gegen Rechts aus Köthen, Dessau und Zerbst (mehr dazu hier..) lud KommunalpolitikerInnen der Region unter dem Titel „Die NPD kommt- Der Umgang mit rechtsextremen Parteien zur Kommunalwahl“ in die Bachstadt ein. Über 30 PolitikerInnen und zivilgesellschaftlichen AkteurInnen folgten schließlich der Einladung. Und wenn der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnten und Ex-Kultusminister Dr. Werner Sobetzko, der jetzt im Köthener Stadtrat sitzt, die örtliche DGB-Vorsitzende Brunhilde Albrecht und ein Mitglied der IG Metall-Jugend, der sich mit seinem humoristischen und zudem noch bebilderten  T-Shirtaufdruck: „ Kein Sex mit Nazis!“ eindeutig positionierte, in einem Saal zusammen kommen, kann man schon von einer pluralistisch zusammengesetzten Publikumsstruktur sprechen.


über 30 Interessierte verfolgten die Ausführungen der ReferentInnen

Steffen Andersch von der Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus (Projekt gegenPart) aus Dessau versorgte die Anwesenden mit Informationen über Aktivitäten, die Verfasstheit und die Kampagnenfähigkeit von rechtsextremen Parteien in der Region Anhalt. Und das nicht ohne Grund und praktischen Anlass. So wird die neonazistische NPD zur Kommunalwahl am 22. April mit über 20 Kandidaten in den zukünftigen Landkreisen Anhalt-Bitterfeld und Salzland antreten. Darüber hinaus tritt die rechtsextreme DVU in allen 6 Wahlbereichen in Dessau-Roßlau an. 

Insbesondere der NPD sei es in den letzten 12 Monaten gelungen, handlungsfähige Strukturen aufzubauen. „Es kann durchaus von einer neuen Qualität des parteipolitischen Rechtsextremismus hier vor Ort gesprochen werden“, so der Referent. Lange hätte die neonazistische Kampfpartei in Sachsen-Anhalt im Allgemeinen und in der Region im Speziellen kaum Fuß fassen können. Dies lag nach Einschätzung Anderschs vor allem daran, dass es keinen funktionierenden Parteiapparat mit der entsprechenden Basisanbindung gab. Letztlich war die NPD lange Zeit nicht in der Lage, einen landesweit wirkenden Parteiüberbau vorhalten zu können. Auch ideologisch-strategische Differenzen zu den Neonazikameradschaften hätten sich negativ auf die organisatorische Verfasstheit der NPD ausgewirkt. Gerade aus diesem Spektrum, das sollte die Zukunft zeigen, rekrutierte sich später ein nicht unerheblicher Teil der Parteibasis. Mit den Wahlerfolgen in Sachsen und in Mecklenburg-Vorpommern hat die NPD in Sachsen-Anhalt einen sichtlichen Aufschwung genommen. Das, so der Projektleiter, schlage sich vor allem in steigenden Mitgliederzahlen und verstärkten öffentlichen Aktivitäten nieder. Dieses Erstarken ging mit einer praktischen Unterstützung aus Dresden und Schwerin, aber auch mit einer Intervention des NPD-Bundesvorstandes, einher. Wie attraktiv die NPD mittlerweile für Rechtsextremisten aller Couleur auch in Sachsen-Anhalt ist, zeige die faktische Auflösung des sachsen-anhaltinischen Landesverbandes der Republikaner. Dieser lief vor einigen Wochen fast geschlossen zur NPD über.

An diesen Erfolgen wollen offensichtlich auch lokale Rechtsextremisten teilhaben“, beginnt Andersch seinen Informationsteil zur Region Anhalt. Mittlerweile gibt es in Wolfen und Wittenberg Kreisverbände (KV) der NPD. Am 03. März 2007 hat sich zuletzt der Kreisverband "Salzland" gegründet. Dazu komme ein so genannter JN-Stützpunkt in Bernburg (JN=Junge Nationaldemokraten; Jugendorganisation der NPD) .

Obwohl es den KV Wittenberg offiziell schon seit mindestens 6 Jahren gibt, seien bis vor ca. 12 Monaten kaum Aktivitäten bekannt geworden. „Der KV fristete eher ein Postfach-Dasein und verfügte kaum über personelle und infrastrukturelle Ressourcen“, so der Netzwerker.
Vor Beginn der Landtagswahlen im Frühjahr letzten Jahres entfaltete die Wittenberger NPD plötzlich wahrnehmbare Aktivitäten (Infostände, Unterschriftensammlung und Saalveranstaltungen). Aktuell führe die Partei in der Lutherstadt monatlich ein Treffen durch, zu dem meist klandestin eingeladen wird.

Im Frühjahr 2006 gründete sich der NPD-Kreisverband „Wolfen-Anhalt-Dessau“. Die neonazistische Partei trete seit Monaten in Wolfen und Bitterfeld öffentlich in Erscheinung. Diese Präsenz habe sich im Zusammenhang mit der bevorstehenden Kommunalwahl wahrnehmbar erhört. Als Vorsitzende dieses Kreisverbandes fungiere die bekannte Rechtsextremistin Carola Holz, die über gute Kontakte zur NPD-Bundesspitze verfüge und darüber hinaus eng mit neonazistischen Kameradschaften zusammenarbeitet.
 
In Bernburg existiert seit Oktober 2006 ein eigener Stützpunkt der neonazistischen JN.
Die Gruppierung sei, laut Andersch, bereits weit vorher unter der Bezeichnung „JN Bernburg/Staßfurt“ in der Region aktiv gewesen und könne auf mindestens 20 AktivistInnen und UnterstützerInnen zurückgreifen. „Die JN-Strukturen in Bernburg gelten als einer der zentralen Anlaufstellen von Rechtsextremisten und Neonazis in der Region Anhalt“ analysiert der Referent. Das würde vor allem an einer Person liegen: Philipp Valenta. Der Stützpunktleiter ist gleichzeitig JN-Landesvorsitzender, studiert an der hiesigen Fachhochschule und sei eine „durchaus eloquente Persönlichkeit“.

Wie handlungsfähig gerade die JN in der Region ist, belegte Andersch mit einem aktuellen Beispiel. Erst am 03. März 2007 hätten die Jungen Nationaldemokraten eine Schulungsveranstaltung mit dem Titel „Verhalten gegenüber Polizei, Staatsschutz und Verfassungsschutz“ in Köthen veranstaltet. In den Räumlichkeiten des Vereins „Bürger für soziale Gerechtigkeit e. V.“ in der Kastanienstrasse hätten sich ca. 40 Rechtsextreme aus Köthen, Bernburg, Bitterfeld, Wittenberg und Dessau, darunter zahlreiche JN-Mitglieder, aber auch Aktivisten aus regionalen Neonazikameradschaften, versammelt. Als Redner sprachen dort Stefan Lux, ein rechtsextremer Historiker aus Wuppertal und lange Zeit Bundesschulungsleiter der NPD, und besagter Philipp Valenta.

Die NPD in der Region verfügten nachweislich über enge Kontakte zu einschlägig vorbestraften und gewalttätigen Neonazis aus dem Kameradschaftsspektrum“, leitet der Projektleiter zum nächsten Punkt seines Vortrages über. Andersch geht in seiner Analyse noch einen Schritt weiter und konstatiert gar eine Personalunion. So würden führende Kameradschaftsaktivisten gleichzeitig Funktionen in der NPD ausfüllen. Die Beispiele bleibt der Rechtsextremismusexperte nicht schuldig. Viele Akteure aus der Kameradschaft „Freie Nationalisten Köthen-Bernburg“ seien mittlerweile in dem JN-Stützpunkt Bernburg – und damit in der NPD – aktiv. Philipp Valenta sei es dabei gelungen, viele militante und gewaltbereite Neonazis für die Jugendarbeit der NPD zu begeistern oder sie direkt in die JN-Strukturen einzubinden.

Im Landkreis Wittenberg zeichne sich ein ähnliches Bild ab. Auch dort kooperiere die NPD mit der „Kameradschaft Landkreis Wittenberg“. Oftmals hätten Kameradschaftsaktivisten so Infostände der NPD als Ordner gesichert. Auch der Wittenberger Neonaziaktivist Sebastian L., der laut Aussage von Betroffenen für zahlreiche rechtsextreme Straf- und Gewalttaten in der Lutherstadt verantwortlich sei, würde  im  NPD-Kreisverband organisiert sein.


Mitglied der Neonazikameradschaft "Landkreis Wittenberg" bei einem rechtsextremen Aufmarsch am 28. Oktober 2006 in Bitterfeld

Carola Holz, die Vorsitzende des NPD KV Wolfen-Anhalt-Dessau, organisierte maßgeblich einen Neonaziaufmarsch am 28. Oktober 2006 in Bitterfeld, an dem viele vorbestrafte und gewalttätige Neonazis aus dem gesamten Kameradschaftsspektrum Sachsen-Anhalts teilnahmen. „Dass alles sind keine Indizien, sondern Fakten“, stellt Andersch fest.

Der Referent kommt zu dem Schluss, dass damit zu rechnen ist, dass der bevorstehende NPD-Kommunalwahlkampf auf der Strasse auch maßgeblich von Neonazis aus den Kameradschaften umgesetzt werden wird. „Gerade das muss man vor Augen haben, wenn es um den praktischen Umgang mit der NPD geht“, gibt der Projektleiter den anwesenden Vertretern der demokratischen Parteien mit auf den Weg.

Der Referent betritt zum Abschluss noch eine andere rechte Baustelle: Die DVU. Die rechtsextreme Partei tritt in Dessau-Roßlau zur Kommunalwahl an. Obwohl die DVU im Gegensatz  zur NPD über keine nennenswerte Parteibasis in der Region verfüge, hieße das nicht, dass sie „in Anhalt kein Gesicht hat“. Dieses verkörpere vor allem der Dessauer Rechtsanwalt Ingmar Knop. „Zumindest für DVU-Verhältnisse kann Knop durchaus als Politiker neuen Typs bezeichnet werden“, so Andersch. Schon im Landtagswahlkampf 2006, bei dem Knop als DVU-Spitzenkandidat antrat, habe er sich nicht gescheut mit seinem Konterfei für die rechtsextreme Partei zu werben. Knop kandidierte außerdem auf der Liste der NPD für die vorgezogenen Bundestagswahlen im September 2005. Seit Jahren veröffentliche er unter verschiedenen Synonymen Artikel in rechtsextremen Publikationen, so u. a. in der "Deutschen Stimme" (Zeitung der NPD) und der "Nationalzeitung". Die DVU kündigte Knop indes als „Spitzenkandidat“ an. Das könne möglicherweise heißen, dass er am 22. April auch für das Amt des Oberbürgermeisters in Dessau-Roßlau kandidiere.

Stefanie Heide von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus (Miteinander e. V.)  gibt dann ganz praktische Tipps und Ratschläge für den Umgang mit rechten Parteien zur bevorstehenden Kommunalwahl. Es ist genau diese praktische Ebene, die bei den Veranstaltungsgästen offensichtlich gut ankommt. Kein Wunder, werden doch viele in den kommenden Wochen auf den Strassen ihrer Städte und Gemeinden in Sachen Wahlkampf unterwegs sein.

Die Referentin arbeitet dabei in Köthen mit einem interessanten Ansatz. Sie bringt fiktive Szenarien als mögliche Fallbeispiele und stellt den interessierten PolitikerInnen und AkteurInnen im Raum Fragen. Was tun wenn rechtsextreme Parteimitglieder auf einer öffentlichen Veranstaltung auftauchen, lautet eine davon. Ein Szenario, dass „gar nicht so konstruiert ist“, wie Heide hinsichtlich vergangener Erfahrungen in Sachsen-Anhalt betont. Was wäre also, wenn die örtliche Tageszeitung zu einer Podiumsdiskussion im Vorfeld der Wahl einlädt sich aber dafür entschieden hat, die NPD nicht einzuladen? Was wäre wenn die NPD ihre Teilnahme einfordert, die Zeitung aber hart bleibt und ablehnt? Was würde schließlich passieren, wenn die NPD ihre Mitglieder und Unterstützer mobilisiert, die zahlreich erscheinen und sich öffentlich zu Wort melden?

Soweit die gar nicht so unwahrscheinliche Theorie. Was aber, wenn es wirklich passiert und vor allem, wie ist das Verhalten der Beteiligten zu bewerten? Stefanie Heide fragt in die Runde, wie man zur ablehnenden Haltung der Zeitung stehe und wie die Gäste reagieren würden, wenn Sie in dieser Situation auf dem Podium sitzen müssten? „Ich finde dass in Ordnung, dass sie den Mut hat, so zu handeln“, solidarisiert sich Heidemarie Ehlert, Kommunalpolitikerin aus Dessau, mit dem möglichen Handeln der Zeitung. Die NPD würde vielen Menschen in Deutschland schlicht ihre Grundrechte absprechen und könne daher für sich nicht auf das Recht auf freie Meinungsäußerungen pochen. Eine Meinung, die von einem anderen Diskutanten mit der Formel „Intoleranz kann nur mit Intoleranz bekämpft werden“ auf den Punkt gebracht wird. „Wir haben doch auch Argumente. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir die Auseinandersetzung scheuen“, positioniert sich ein ältererer Herr vom Köthener Bündnis für Demokratie etwas anders. „Vor allem muss man vom Hausrecht Gebrauch machen und die Rechtsextremen ausschließen“, bringt sich Ehlert erneut in die Debatte ein.



Dass das mit dem Argumenten gar nicht so einfach ist, zeigt der weitere Verlauf. Die Bildungsreferentin gibt zu bedenken, dass es wichtig sei, dass die Zeitung ihren NPD-Ausschluss auch inhaltlich begründet: „Es darf nicht das Bild entstehen, dass hier willkürlich entschieden wird“.

Noch ein anderes Beispiel stellt die Mitarbeiterin des Vereins Miteinander zur Diskussion. Diesmal hat die Fiktion einen reellen Hintergrund. Unter großer Aufmerksamkeit wollen BürgerInnen, Vereine, Initiativen und Verbände in ihrer Stadt ein Bündnis für Demokratie und Toleranz und gegen Hass und Gewalt gründen. Nach einigen Redebeiträgen outet sich im Saal eine kleine Gruppe der Anwesenden als NPD-Mitglieder und/oder Kameradschaftsaktivisten. Sie würden Gewalt ja schließlich auch ablehnen und wollen zukünftig im Bündnis mitarbeiten.
Genau das ist im letzten Jahr bei einer Bündnisgründung in Eisleben passiert. Damals konnten sich die Initiatoren nicht auf einen Ausschluss der Rechtsextremisten einigen, die Neonazis verblieben während der gesamten Veranstaltung im Saal. Das wirft natürlich Fragen auf, deren Beantwortung nicht nur für Wahlkämpfe von großer Bedeutung zu seien scheint. Wie reagiert man als Bündnismitbegründer richtig in einer solchen Situation?

Um zu verstehen, was Rechtsextremisten und Neonazis mit solchen Auftritten überhaupt bezwecken, muss man sich mit der rechten „Wortergreifungsstrategie“, die dieser Taktik zu grunde liegt, etwas näher beschäftigen. Heide findet an diesem Abend plausible und vor allem nachvollziehbare Erklärungen. Es gehe den Aktivisten darum, öffentliche Aufmerksamkeit für ihre eigene Politik zu bekommen. Dabei würde oft nach der Prämisse „auch eine schlechte Presse ist eine“ verfahren. Die NPD wolle sich damit in kommunale Prozesse einmischen und diese beeinflussen. Schließlich gehe es auch um eine Dominanz in öffentlichen Veranstaltungen und vor allem um eine „Normalisierung rechtsextremer Positionen“. Nicht zuletzt will die neonazistische Kampfpartei den politischen Gegner, zu dem im NPD-Duktus alle „Systemparteien“gehörten, provozieren. Auch die  Selbstdarstellung in einer herbeihalluzinierten Opferrolle und die Spaltung der demokratischen Kräfte seien dabei Teilziele dieser rechten Gesamtstrategie. 

Sie haben nicht immer das Argumentebuch in der Tasche“, sagt Heide und verbindet damit den Ratschlag, sich bei Veranstaltungen keine unvorbereiteten Diskussionen von Rechtsextremisten aufzwingen zu lassen. Darauf würden diese regelrecht spekulieren. Rechte Aktivisten hätten mittlerweile regelrechte Argumentationstechniken entwickelt, die sie gerade in öffentlichen Veranstaltungen ganz gezielt einsetzen. Dazu gehört das Benennen von tatsächlichen Negativbeispielen, die dann entweder generalisiert oder mit Vorurteilen und Stereotypen überfrachtet werden. Zu den Techniken gehörten auch Parolen, vor allem das Parolenhopping, die Simplifizierung von komplexen politischen Sachzusammenhängen und die Verzerrung der gesellschaftlichen Realität. Immer öfters würden Rechtsextreme dabei versuchen, sich als „vermeintliche Tabubrecher“ zu profilieren: „Sie sprechen die Wahrheit aus, die sich sonst niemand traut zu sagen“. Gerade in öffentlichen Diskussionsrunden arbeite die NPD mit einer Art „Kompetenztest“, der aufgrund „nicht nachprüfbarer Sachbehauptungen und Halbwahrheiten“ die demokratischen Akteure verwirren und verunsichern soll. Letztlich legten die Rechtsextremen viel Wert darauf, in solchen Debatten ihre undemokratischen und menschenfeindlichen Ziele zu verschleiern. Stefanie Heide fasst  zusammen: „Die rechte Argumentation richtet sich mehr auf den Bauch als auf den Kopf“. Die Faktenresistenz der rechten Akteure sei dabei virulent: „Viele Rechtsextremisten wollen einfach nicht wissen, wie hoch die Ausländerquote wirklich ist“.

Zum Ende hat die Referentin noch einige Ratschläge zur möglichen Diskussion mit Rechtsextremen im Gepäck. Als erstes sollte der Grundsatz gelten, Neonazis die über ein geschlossenes rechtes Weltbild verfügen, kein öffentliches Podium zu bieten. Wenn es doch zur Debatte kommt, sei es angemessen, immer auf die tatsächlichen Ziele der rechten Parteien hinzuweisen und stringent auf die Einhaltung der vorbereiteten Themenfelder zu achten. Das schließe auch ein, das Parolenhopping zu stoppen. Ebenso wichtig sei es nicht zu versuchen, alle von den Rechtsextremisten angerissenen Themen abarbeiten zu wollen. Strategisch wäre es günstig, andere in die Diskussion einzubinden, sich nicht auf einen alleinigen Schlagabtausch einzulassen und nach Möglichkeit „authentisch“ zu bleiben.

Literaturtipp/Bestellung unter:
Broschüre „Streiten mit Neonazis – Zum Umgang mit öffentlichen Auftritten von Rechtsextremisten“
Miteinander e. V. (Hg.)
Erich-Weinert-Strasse 30
39104 Magdeburg
Tel.: 0391/ 62 07 73
Fax: 0391/ 62 07 74 0
@mail: net.gs.@miteinander-ev.de
web: www.miteinander-ev.de

verantwortlich für den Artikel:
Carolin Doller

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