Mahnwache „Gesicht zeigen gegen Rechtsextremismus“erinnert an die Opfer der rechtsextremen Übergriffe in Pömmelte und Gräfenhainichen
an der Aktion des Dessauer Bündnisses gegen Rechtsextremismus am 14. Januar nahmen 60 Menschen teil
„Uns lässt es nicht kalt, was in Sachsen-Anhalt in unserer unmittelbaren Nähe passiert“, hört man Günther Donath vom Dessauer Bündnis gegen Rechtsextremismus (BgR) an der Friedensglocke im Zentrum der Stadt sagen.
Das Bündnis und andere Initiativen hatte für den 14. Januar 2006 kurzfristig zu einer Mahnwache „Gesicht zeigen gegen Rechtsextremismus“ aufgerufen, an der ca. 60 DessauerInnen teilnahmen. Mit der Aktion wollte das BgR die rechtsextremistischen Angriffe Anfang des Jahres in Pömmelte (Landkreis Schönebeck) und Gräfenhainichen (Landkreis Wittenberg) scharf verurteilen und sich mit den betroffen MigrantInnen solidarisch zeigen.
In der Silvesternacht, gegen 00.14 Uhr, hatten in Gräfenhainichen sechs rechtsextremistische Jugendliche zwei Vietnamesen überfallen und dabei einen der Betroffen verletzt (mehr dazu hier...). Die Neonazis waren dabei vor der Tat ausländerfeindlicher Parolen skandierend durch die Stadt gezogen. Die Polizei ermittelte darauf hin intensiv und stellte bei anschließenden Hausdurchsuchungen eines 15jährigen Tornauers (Landkreis Wittenberg) und eines 17jährigen Gräfenhainicheners u. a. verbotene Neonazi-Tonträger, mehrere hundert Patronen für Maschinengewehre, Karabiner und Schrotflinten, zwölf Panzerbrandgeschosse und rechtsextreme Devotionalien fest.
In Pömmelte wurde ein zwölfjähriges Kind mit äthiopischer Migrantionshintergrund von fünf rechtsextremistischen Jugendlichen im Alter von 14 – 19 Jahren überfallen. Die Täter schlugen ihr Opfer, traten es mit Füßen und drückten eine Zigarette in dessen Gesicht aus. Außerdem zwangen sie den Betroffenen, ihre Stiefel abzulecken und nahmen die Tat zudem mit einem Fotohandy auf. Inzwischen wurde bekannt, dass die gleiche Gruppe vor gut einem Jahr das Opfer schon einmal malträtiert hatte. Der 19jährige Neonazis, der durch einschlägige Delikte bereits bekannt ist, sitzt in Untersuchungshaft. Indes prüft die Bundesanwaltschaft, ob sie die Ermittlung in dem Fall an sich zieht.
Teilnehmerin der Mahnwache mit ihrer Botschaft
Bereits im Vorfeld der Mahnwache sagte ein BgR-Sprecher zu den rechtsextremen Gewalttaten, dass diese „die grenzenlose Brutalität der Neonazis im Land“ zeigen würden. Günther Donath wies auf die Häufung von rechten Gewalttaten in der Region hin wenn er äußerte: „Immer öfters hören wir von Überfällen auf Ausländer und sogar auf Behinderte.“ „Ich befürchte, dass es auch in Dessau wieder zu Angriffen kommen kann“, appellierte Donath an die Wachsamkeit der BürgerInnen und forderte eine erhöhte Sensibilität für rechtsextreme Tendenzen und Ideologien.
fast 60 Menschen kamen zur Aktion
John Green, praktizierende Psychologe und Koordinator des Antidiskriminierungsbüros Sachsen-Anhalt, forderte eine schnelle Aufklärung der Überfälle und sprach sich dafür aus, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden müssen. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Anhäufung von Angriffen auf Ausländer und Minoritäten in Zeiten der Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt stattfinden“, spannte der Psychologe den Bogen zum Antreten rechtsextremer Parteien. Rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Einstellungen würden sich nicht nur in Gewalttaten manifestieren. „Auf Arbeit oder in der Kaufhalle müssen wir rassistischen Witzen über Neger oder Juden entgegentreten, auch das ist Diskriminierung. Es muss gelten, den Anfängen zu wehren. Wir dürfen dazu nicht schweigen.“, rief Green zur Zivilcourage auf. Denn wenn niemand dagegen interveniere, betonte er abschließend, „Sind wir irgendwann selber dran.“
John Green, Antidiskriminierungsbüro Sachsen-Anhalt
verantwortlich für den Artikel: Steffen Andersch Projekt gegenPart Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus Schlachthofstr. 25 06844 Dessau Tel./Fax: 0340/ 26 60 21 3 e-mail: projektgegenpart@gmx.net
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