Neun Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten verzeichnen für die östlichen Bundesländer und Berlin eine Zunahme rechtsmotivierter Gewalttaten
Pressemitteilung der Civitas-finanzierten Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Straf- und Gewalttaten in den neuen Bundesländern und Berlin
Im Jahr 2005 erlangten die Opferberatungsstellen Kenntnis von insgesamt 614 rechtsmotivierten Gewalttaten. Dies sind 63 Angriffe mehr als im Vorjahr. Die meisten Fälle ereigneten sich in Sachsen (154), gefolgt von Sachsen-Anhalt (129) und Brandenburg (128). Von den 614, in ihrer Intensität sehr unterschiedlichen Angriffen, waren mindestens 910 Personen betroffen. In nahezu 90 Prozent der Fälle handelte es sich um Körperverletzungsdelikte. In 300 Fällen richtete sich die Gewalt gegen junge Menschen aus linken und alternativen Milieus. In 182 Fällen war Rassismus die primäre Tatmotivation.
Im Vergleich zu den Vorjahren ist vor allem in Berlin ein deutlicher Anstieg von rechtsmotivierten Gewalttaten festzustellen. Die in Berlin tätige Beratungsstelle führt dies hauptsächlich auf eine Zunahme von Angriffen in den Bezirken Treptow-Köpenick und Friedrichshain zurück. In Sachsen bleibt die Sächsische Schweiz ein Brennpunkt rechtsextremer Gewalt. Allein in diesem Landkreis wurden 30 Gewalttaten mit rechtem Hintergrund gezählt. In Sachsen-Anhalt vermeldet die Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt aus dem Harzgebiet eine Zunahme von szenetypischen Gewalttaten. Im Durchschnitt waren hier zwei Gewaltakte pro Monat zu verzeichnen. In Brandenburg wurden in Potsdam mit 22 Angriffen die meisten rechtsmotivierten Angriffe festgestellt. Die in Brandenburg tätige Beratungsstelle vermeldet zwar einen Rückgang rassistischer Angriffe, gleichzeitig jedoch eine deutliche Zunahme von Gewalttaten gegen junge Menschen aus dem linken und alternativen Milieu. Dieser Trend wird von allen Beratungsstellen bestätigt. Das gilt auch für Mecklenburg-Vorpommern, wo die Fallzahlen im Vergleich zu den Vorjahren in etwa gleich geblieben sind.
Wie schon in den Jahren zuvor handelte es sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle um spontane Taten, die im öffentlichen Raum stattfanden. Vor allem in den genannten Schwerpunktgebieten verzeichnen die Beratungsstellen jedoch einen Anstieg von organisierten Gewaltakten. Es wird angenommen, dass dieser Trend seine Ursache in einer zunehmenden Strukturierung der rechten Szene hat. Es muss betonen werden, dass die veröffentlichten Zahlen lediglich einen Trend abbilden. Generell muss von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Im besonderen muss dies für Thüringen gelten. Die dort tätige Beratungsstelle ist aufgrund einer fehlenden Landesfinanzierung nicht angemessen ausgestattet und kann daher nach eigenen Angaben nur in einigen Landkreisen recherchieren.
Die Beratungsstellen betreuten im vergangenen Jahr insgesamt 1020 KlientInnen, darunter 794 Personen, die direkt zu Opfern rechtsextremer Gewalttaten geworden waren. Es handelte sich dabei um 675 Männer und 118 Frauen. Mindestens 331 der beratenen Personen, vor allem Flüchtlinge, MigrantInnen und AussiedlerInnen, wurden aus einer rassistischen Tatmotivation angegriffen. Ein weiterer Schwerpunkt lag bei 316 meist jugendlichen Opfern, die sich mehrheitlich einem alternativen Milieu zugehörig fühlen. In 70 Prozent der Fälle erwies sich ein langfristiges Beratungsverhältnis als notwendig.
Die neun Projekte zur Beratung von Opfern rechtsextremer Straf- und Gewalttaten arbeiten seit dem Herbst 2001 ausschließlich in den neuen Bundesländern und Berlin. Sie werden primär durch das Bundesprogramm „Civitas – initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern“ des Bundesfamilienministeriums gefördert. Kernbereich der Projekte ist die aufsuchende Beratung und langfristige Begleitung von Opfern rechtsextremer Gewalttaten. Seit 2003 fassen die Beratungsstellen die Ergebnisse ihre Recherchen nach gemeinsamen Kriterien zusammen und veröffentlichen jährlich einen statistischen Überblick.
Statistisches Material
Tab. 1: Recherchierte rechtsextreme Angriffe in den östlichen Bundesländern und Berlin in den Jahren Jahren 2003/2004/2005
Tab. 2 Recherchierte Fälle in den östlichen Bundesländern und Berlin nach vermuteter Tatmotivation in 2005
Tab. 3: Beratene Opfer nach Opfergruppen in 2005
Tab. 4: Beratene Opfer nach Altersgruppen in 2005
Tab. 5: Beratene Opfer nach Geschlecht in 2005
Bei Rückfragen: Dominique John Koordination der CIVITAS-geförderten Opferberatungsstellen (0174 – 712 50 65)
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